Texas Tag 42 – 51

Tag 51: (03.12.14) Fort Hancock – El Paso

Distanz: 78.8 km / Gesamt: 4059.8 km / Fahrzeit: 4 Std. 16 Min. / Durchschnitt 18.4 km/h

Morgens 14, Mittags 25 Grad, ganzer Tag Gegenwind, leicht bis mittel, sonnig mit Wolkenfeldern

4000 Km und Wanderlust

Der heutige Tag war ja gemäss unserem Programm recht einfach. Vom Motel auf die Hauptstrasse von Fort Hancock, runter bis zur Strasse „20“, dort rechts abbiegen und dann gut 40 Kilometer geradeaus. In Fabes kurz rechts und links auf die „76“ und nochmals etwa 35 Kilometer geradeaus bis in den Ostteil von El Paso. Dort rechts zum Motel. Das ist es! So einfach kann eine Routenplanung aussehen. Wir liessen uns also heute etwas Zeit beim Aufstehen, dann die Etappe war nicht allzu lange und je später man losfährt, desto weniger muss man anziehen. Im Moment ist vor allem bei schönem Wettert der Morgen noch recht kühl, es wärmt dann aber so zwischen neun und zehn Uhr rasch auf. Also hatte ich Zeit für einige Fotos rund um unser Motel. Fort Hancock ist ein Nest, das in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung verloren hat, womit auch die Einwohnerzahl immer mehr sank, weil es hier schlicht keine Arbeit mehr gibt.

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Der wartet wohl schon lange. Die Tankstelle ist ausser Betrieb.

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Unser Motel, das einzige im Ort, erinnert an längst vergangene Zeiten.

 

Gestern Abend waren wir in Angi’s Restaurant gleich vis a vis und plauderten etwas mit der Besitzerin. Ich schätze sie auf etwa 70 Jahre und sie ist noch immer täglich vor Ort. Sie erzählte, das sie hier geboren sei und schon immer hier gelebt habe, aber das es leider immer weniger Arbeit gebe und die Jungen nun in die Ölfelder im Süden und Westen von Texas ziehen, um dort ihr Auskommen zu finden. Angie ist eine lokale Berühmtheit, denn sie hat es mit ihrer prima Chillisauce sogar zu einem Artikel im berühmten Magazin „National Geografic“ geschafft. Das mussten wir natürlich probieren und auch ihre Burittos haben prima geschmeckt.

Angi's Burittos haben prima geschmeckt!

Angi’s Burittos haben prima geschmeckt!

Auf unserer Fahrt auf der „20“ ging es immer geradeaus. Kaum Verkehr und etwas Gegenwind. Wir nahmen es gelassen. Schon bald kam ein wichtiger Augenblick: Kilometer 4000 war geschafft!!!

4000 Kilometer und kein bisschen "reisemüde"!

4000 Kilometer und kein bisschen „reisemüde“!

Ich habe heute Abend mal auf Google Maps nachgeschaut. Von Tomsö im Norden Norwegens ist es bis Rom 4123 Kilometer. Unglaublich, diese Strecke nun schon auf dem Rad geschafft zu haben. Bis zum Ziel San Diego sind es noch gut 1200 Kilometer, also in etwa die Strecke Zürich bis Lecce in Süditalien. Auch die werde ich noch schaffen, wenn ich mit dem Wetter, der Gesundheit und den Autofahrern weiterhin soviel Glück habe.
Links und rechts der Strasse war die Baumwollernte in vollem Gange. Die Felder werden mit einem Kanalsystem bewässert, wozu auch grosse Wasserreservoirs gehören. Ohne diese künstliche Bewässerung würde im heissen Sommer hier wohl kaum etwas wachsen. Auch Baumplantagen mit Pecannüssen sind hier viele zu sehen. Die kostbaren Nüsse werden aber gut geschützt und es ist streng verboten, die Nüsse auch nur vom Boden aufzulesen.

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Hier ein Baumwollstrauch vor der Ernte.

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So werden die Baumwollbüschel geerntet und zu grossen Ballen gepresst.

Selbs das Auflesen der Nüsse ist per Gesetz verboten.

Selbs das Auflesen der Nüsse ist per Gesetz verboten. Barbara, ich habe trotzdem eine dabei;.-)

Plötzlich sahen wir in der Ferne zwei Wanderer auf uns zukommen. Wir hielten an und plauderten etwas mit ihnen. Es war Joshua und seine Mutter, die gemeinsam zu Fuss unterwegs sind. Sie wollen nach Galvestone Texas, wo ich vor gut 3 Wochen war und dann weiter nach Key West: zu Fuss!!!
Die beiden sind nun schon fünf Monate gemeinsam unterwegs und sie schlafen in ihrem Zelt oft im „Nirgendwo“. Die Mutter von Joshua ist schon seit 2011 auf Wanderschaft, unglaublich. Wer Facebooke hat, etwas englisch versteht und an dieser Reise interessiert ist kann diese verfolgen. Gebt einfach „Crannberry Joshua Paul Hager“ ein und ihr werdet ihn finden.

Joshua und seine Mutter auf Wanderschaft durch die USA.

Joshua und seine Mutter auf Wanderschaft durch die USA.

Kyle und ich waren von den beiden beeindruckt. Dieser Mut, diese Ausdauer und diese Zuversicht die eine solche Reise braucht ist einfach bewundernswert. Ich wünsche den beiden von Herzen eine sichere Reise!
Etwas später trafen wir noch ein junges Paar auf der Strasse mit einem Hund an der Leine. Beide auch mit Rucksack und offensichtlich auf „Tour“. Sie waren gerade auf einem Güterzug erwischt worden, mit dem sie seit gestern von Kalifornien Richtung Osten unterwegs waren. Man hat sie dann kurzerhand auf die Strasse gestellt und sie fragten uns nach dem besten Weg zu einem Geschäft, wo sie etwas zu Essen kaufen könnten. Sie waren in die falsche Richtung unterwegs und wir konnten ihnen den Weg zum nächsten Shop beschreiben, der nur einen Kilometer entfernt war. Offensichtlich war also heute ein „Wandertag“.
Im kleinen Nest Fabes hatten wir das Gefühl nicht mehr wirklich in den USA unterwegs zu sein. Irgend ein Ort in Zentralamerika hätte besser zur Szenerie gepasst und Kyle, mein Reisepartner und Rechtsanwalt aus der Ostküste, war einmal mehr erstaunt, wieviel Armut es in seinem Land gebe. „Weisst du, ich bin so froh diese Reise zu machen und all das zu sehen, denn zu Hause hat man vom Ausmass der Armut in unserem Land keine Ahnung.“ Ich denke, es würde vielen gut tun, die USA einmal aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Es ist eben nicht immer alles „Hollywood“.

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Die Szene erinnert wohl eher an …

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… Mittelamerika als an Texas. Aber auch das ist die USA, knapp an der Grenze zu Mexiko.

Die Fahrt hinein nach El Paso auf der „76“ verlief dann sehr ruhig und es hatte sogar meist einen guten Seitenstreifen für Radfahrer. Wenn wir Morgen ebenso stressfrei die Stadt Richtung Las Cruzes verlassen können, sind wir sehr zufrieden. Warten wir ab.

Tag 50: (02.12.14) Van Horn – Fort Hancock

Distanz: 119.3 km / Gesamt: 3981 km / Fahrzeit: 5 Std. 42 Min. / Durchschnitt 20.1 km/h

Morgens 8, Mittags 22 Grad, ganzer Tag Rückenwind 🙂 ganzer Tag sonnig,

Durch New York’s „Klo“

Heute starteten Kyle und ich wieder gemeinsam kurz nach acht Uhr in Van Horn. Der erste Teil der Strecke mussten wir mangels Alternative auf der Autobahn „Interstaate 10“ zurücklegen. Es war nicht mehr so kühl wie gestern und vor allen hatten wir den Wind nun im Rücken, was sich trotz Anstieg sehr positiv auf die Geschwindigkeit auswirkte. Schon bald hatten wir die nächste Zeitzone erreicht und konnten die Uhren auf „Mountain Time Zone“ um eine Stunde zurück stellen.

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Kurz nach dem Start auf der „Interstaate 10“

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Ab jetzt sind wir gegenüber der Schweizerzeit 8 Stunden zurück.

 

Der Anstieg über die Berge sowie der Verkehr war moderat, so dass ich es auf dem Pannenstreifen ganz entspannt fand. Mein Reisepartner Kyle ist nicht so gerne auf der Autobahn unterwegs und so wechselten wir bei der ersten Gelegenheit auf die parallel verlaufende „Frontage Road“. Kein Verkehr, guter Belag, da konnte ich nicht meckern.
Wir kamen mit Rückenwind auf dieser endlosen Ebene gut voran und waren am Mittag in Sierra Blanca. Ein kleines Nest das in den vergangenen Jahren in den USA nationale Berühmtheit erlangte. Die Geschichte begann damit, dass das Parlament in New York im Jahre 1992 verbot, die Toilettenabwässer der Millionenstadt weiterhin in den Atlantik zu pumpen. Da nicht genügend Kläranlagen vorhanden waren, musste für dieses übelriechende Problem eine Lösung her. Eine Firma in Texas kaufte in Sierra Blanca eine Fläche 320 Quadratkilometer und schloss mit der Stadt New York einen Vertrag über die Abnahme von täglich 250 Tonnen Fäkalien ab. Die übelriechende Ladung wurde dann mit dem Zug quer durch die USA geschickt und auf dem riesigen Gelände verteilt. Die Firma ging davon aus, dass sich die Sache dann im Boden zersetzten werde. Leider war das trockene und heisse Klima hier nicht geeignet den Abbauvorgang zu beschleunigen. So begann es in und um Sierra Blanka immer mehr zu stinken und bei gewissen Windsituationen bekamen die Einwohner sogar rote Augen. Die Proteste über diese Umweltverschmutzung nahmen zu und der letzte Zug lieferte seine Ladung 2001 ab. Aber noch heute kann man es riechen, was diesen landschaftlich reizvollen Ort nun fast zu einer Geisterstadt macht. Wer lebt schon gerne „im Klo von New York?“

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Am alten Bahnhof in Sierra Blanca.

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Heute gleicht der einst wohl schmucke Ort …

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… eher einer „Geisterstadt“.

 

Sogar die Rettungsfahrzeuge haben keine eigene Garage.

Sogar die Rettungsfahrzeuge haben keine eigene Garage.

Wir fuhren heute die offizielle Fahrradroute der „Southern Tier“ Karte. Diese führte uns auf eine Frontage Road (Parallellstrasse) zu Autobahn, die aber plötzlich vor einem Hügel aus Sand und Steinen endete. Die Karte empfahl, dort die Autobahn zu Fuss zu  überqueren und auf dem Pannenstreifen auf der anderen fahrbahnseite Richtung Westen einige Meilen bis zur nächsten Nebenstrasse zu fahren. Zum Glück hatte es ja nicht so viel Verkehr, aber in der Mitte leider einen Zaun. Wir waren froh zu zweit zu sein um uns so unterstützen zu können, die Velos und Kyle’s Anhänger über den Zaun zu hieven. Ein seltsamer Routenvorschlag wie ich finde.

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Wäre in der Schweiz wohl mit Problemen verbunden, denn …

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wir überqueren gerade die Mittelabschrankung der Autobahn „I10“.

Etwas später konnten wir von der Autobahn wieder auf eine ruhigen Landstrasse ausweichen und kamen so durch Farmland auf dem Kühe, Pferde und Ziegen gehalten wurden.

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Auf ruhiger Strasse über Land.

 

Für Robyn: Pferde wohnen hier natürlich auch.

Für Robyn: Pferde wohnen hier natürlich auch.

Wer will kann hier auch ein Stück Land kaufen.  178'000 Quadratmeter zu 16 Rappen. Nicht schlecht oder? Ruft einfach die Nummer an :-)

Wer will kann hier auch ein Stück Land kaufen.
178’000 Quadratmeter zu 16 Rappen. Nicht schlecht oder? Ruft einfach die Nummer an 🙂  (Vorwahl +1 nicht vergessen)

Vor allem waren wir aber in einem grossen Baumwollanbaugebiet, in dem gerade die Ernte im Gang war und so hatte ich zum ersten Mal Gelegenheit, mir die Pflanze, die für viele meiner Kleider so wichtig ist, mal genauer anschauen zu können.

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Die einzelne Baumwollknospe kurz bevor sie aufplatzt.

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Baumwollfelde

Dank der Zeitumstellung, die uns eine Stunde schenkte, kamen wir früh im einzigen Motel im kleinen Nest Fort Hancock. ganz nahe der mexikanischen Grenze,  an.

Kurz vor Fort Hancock: alt, verlassen, fast schon wieder Kult

Kurz vor Fort Hancock: alt, verlassen, fast schon wieder Kult

Morgen geht’s nach El Paso, der Kilometer 4000 steht auf dem Programm und von dort ist es nur noch ein Katzensprung nach New Mexiko! Bald liegt Texas hinter mir.

Tag 49: (01.12.14) Marfa – Van Horn

Distanz: 122.1 km / Gesamt: 3861.7 km / Fahrzeit: 6 Std. 43 Min. / Durchschnitt 18.2 km/h

Morgens 5, Mittags 10 – 12 Grad, fühlte sich viel kälter an, starker Gegenwind, ganzer Tag sonnig,

Auf der weissen Linie

Der heutige Tag begann vielversprechend. Blauer Himmel und noch kühl, aber ich war mir sicher, es würde bald wärmer werden. Es war acht Uhr als ich startete, denn es stand ein langes Stück einsame Strasse auf dem Programm. Zwischen Marfa und dem Ziel Van Horn gibt es 120 Kilometer Einsamkeit. Nur unterbrochen vom kleinen Nest Valentine, in dem es aber weder ein Geschäft noch eine Tankstelle gibt. Also musste das Getränk und die Verpflegung gut geplant sein. Als ich losfahren wollte erblickte ich Richtung Paisano Pass ein seltsames Wetterphänomen. Die grüne, mit Steppengras bewachsene Hügelkette über die ich gestern gekommen war, schien wie dick verschneit. Es waren jedoch nur Wolken, die sich wie ein Bettlaken über die Berge legten. Ein ganz spezieller Anblick.

Schneeberge? Nein nur eine Wolkendecke.

Schneeberge? Nein nur eine Wolkendecke. (Kontrast auf dem Foto zum besseren Erkennen erhöht)

Blick zurück bei der Ausfahrt aus Marfa.

Blick zurück bei der Ausfahrt aus Marfa.

Bei der Ausfahrt aus Marfa dann nochmals ein Hinweisschild, das es auf einer sehr langen Strecke ganz sicher keine Versorgungsmöglichkeit gebe.

Alles klar? Es gibt ..... NICHTS!

Alles klar? Es gibt ….. NICHTS!

Die Strasse war leider nicht mehr so gut wie gestern und der Rollwiderstand und der kühle Gegenwind machten mir zu schaffen. Nur nicht nervös werden, die Trittfrequenz möglichst hoch halten und Meile für Meile zurücklegen, ich hatte ja genug Zeit. Es war aber bald klar, dass dies ein harter Tag werden würde. Die weisse Linie zwischen Fahrbahn und Pannenstreifen erwies sich als die Stelle auf der Strasse, wo der Rollwiderstand am geringsten war. Also versuchte ich heute wenn immer möglich genau dort zu fahren. Dabei natürlich auch immer einen Blick im Rückspiegel um weiter rechts zu fahren, sobald ein Fahrzeug auftauchte.

Eine echte Herausforderung bei dem Wind immer auf der Linie zu bleiben.

Eine echte Herausforderung bei dem Wind immer auf der Linie zu bleiben.

Nach etwa 25 Kilometer wartete ein Zug auf den Gleisen, die fast den ganzen Tag parallel zur Strasse verliefen. Ich hielt an, machte einige Fotos und plauderte etwas mit dem Lokführer, der hier einen Kreuzungszug abwarten musste. Er heisst Chris und erzählte mir das er jeweils einen Streckenabschnitt von 200 – 300 Meilen befahre ( 320 – 480 km). Heute würde er noch bis Alpine fahren und dort übernachten. Morgen dann wieder zurück nach El Paso. Die Strecke ist nicht sonderlich weit, aber die Güterzüge müssen oft lange an den Kreuzungsstationen warten, so das die Durchschnittsgeschwindigkeit recht tief ist. Eigentlich wollte ich ja ein Foto von ihm machen aber als ich heute im Motel die Fotos für den Blog aussortierte, war keines auf der Speicherkarte. Das ging wohl im Gespräch und im kalten Wind vergessen. Ich schrieb Chris noch die Blogadresse auf, damit es sich zumindest das Foto anschauen könnte. Sorry, ich hab’s vermasselt.

Der Zug von Chris mit seinen 74 Wagen. Die meisten doppelstöckig mit grossen Containern beladen. Sorry Chris, i did not take a picture with you :-(

Der Zug von Chris mit seinen 74 Wagen. Die meisten doppelstöckig mit grossen Containern beladen. Sorry Chris, i did not take a picture with you 😦

Ich fuhr weiter und musste mir bald eingestehen, das die Sache mit wärmerem Wetter und weniger Wind wohl ein Wunschtraum bleiben würde. Also machte ich mich an die Arbeit und spulte Meile für Meile ab. Endlich kam ich an eine Bezirksgrenze. Da besteht immer eine Möglichkeit, das sich der Strassenbelag bessert, da die Bezirke (County) für die normalen Strassen zuständig sind. Hier hatte ich Glück und so wurde nach 30 Kilometer wurde der Belag wieder besser. Sofort zeigte mein Tacho bei gleichem Wind und Kraftanstrengung 5 -6 km/h pro Std. mehr an.

"Belagswechsel" an der County Line

„Belagswechsel“ an der County Line

Leider änderte sich das dann später wieder, so dass ich heute von den 120 Kilometer gut 80 Kilometer auf wirklich rauem Belag und somit möglichst auf der weissen Linie fuhr.

Valentine, das einzige Nest unterwegs. Naja, nicht wirklich attraktiv.

Valentine, das einzige Nest unterwegs. Naja, nicht wirklich attraktiv.

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Dieser Fesselballon, der zu einer Wetterstation gehört sehe ich seit gestern Mittag. Heute, rund 60 Kilometer später fahre ich endlich an ihm vorbei.

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In Sachen „Routenwahl“ war es heute einfach: Immer geradeaus!

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So sieht die Cowboyunterkunft 2014 aus.

 

Noch eine Unterkunftsform.

Noch eine Unterkunftsform.

In dieser Gegend hat es viel Tumbleweed. Das ist ein „runder“ Busch der vom Wind über die riesigen Grasflächen geblasen wird. Leider hat dieser Busch auch kräftige Dornen und ist somit bei Radfahrern nicht gerne gesehen. Ich hatte Glück und schaffte es heute ohne Platten durch diese Dornengegend.

Tumbleweed wird vom Zaun zurückgehalten, so dass es riesige Berge davon gibt. Bis der Wind dreht.

Tumbleweed wird vom Zaun zurückgehalten, so dass es hier eine riesige Wand davon gibt. Bis der Wind dreht.

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So sieht ein einzelner Büschel aus.

 

Der Wind nahm am Mittag eher noch zu und fühlte sich immer kühler an. Die Mittagspause fiel entsprechend kurz und kalt aus. Einfach Flüssigkeit und Kalorien rein und weiter.

Die Suche nach Windschatten bei der Mittagsrast.

Die Suche nach Windschatten bei der Mittagspause.

Es war wirklich hart und ich war froh, als ich in der Ferne vor der Bergkette kurz nach drei Uhr endlich das Ziel Van Horn ausmachen konnte. Ich stiess einen Freudenschrei aus, auch wenn ich wusste, das es noch immer 16 Kilometer waren. Aber das Ziel war in Sicht. Es dauerte noch gut eine Stunde und kostete viel Kraft, bis ich mich gegen den immer stärkeren Wind wirklich bis nach Van Horn gekämpft hatte.

Blick auf Van Horn aus 16 km Entfernung!

Blick auf Van Horn aus 16 km Entfernung!

In Van Horn traf ich nur wenige Minuten nach meinem Reisepartner Kyle ein, der ja die letzten zwei Tage eine andere Route genommen hatte. Wir teilten uns heute wieder ein Motelzimmer und waren beide froh, nach diesem anstrengenden und kalten Tag eine warme Dusche nehmen zu können. Voraussichtlich bis Las Cruzes fahren wir wieder zusammen.

Tag 48: (30.11.14) Alpine- Marfa

Distanz: 48.6 km / Gesamt: 3739.6 km / Fahrzeit: 3 Std. 8 Min. / Durchschnitt 15.5 km/h

Morgens 18, Mittags 25 Grad, starker Gegenwind, ganzer Tag sonnig,

Schweizer Schokolade!

Heute stand wieder eine kurze Etappe auf dem Programm. Kyle machte sich gleich nach dem guten Frühstück im „Diner“ auf den Weg, denn er hatte heute einige Höhenmeter mehr als ich auf dem Programm. Morgen Abend wollen wir uns in Van Horn wieder treffen um noch einige Etappen gemeinsam weiter zu fahren. Ich nahm mir etwas mehr Zeit, denn ich musste meine Wäsche waschen, was gestern nach der späten Rückkehr vom Big Bend nicht mehr klappte. So fuhr ich erst gegen 11 Uhr los und war damit schon auf den ersten Metern mit einem kräftigen Gegenwind konfrontiert. Naja, solange die Etappen nicht länger sind ist das zu verschmerzen.

Die Uni in Marathon. Einsam aber weit und breit die günstigste im Land. Ein Studienjahr kann die Eltern in den USA bis zu 100`000 Dollar kosten. Da kommen günstige Alternativen vielen gelegen.

Die Uni in Marathon. Einsam aber weit und breit die günstigste im Land. Ein Studienjahr kann die Eltern in den USA bis zu 100`000 Dollar kosten. Da kommen günstige Alternativen vielen gelegen.

Bei der Ausfahrt aus Marathon kam ich an dieser Brauerei vorbei.... Für ein Bier war es aber definitiv noch zu früh.

Bei der Ausfahrt aus Marathon kam ich an dieser Brauerei vorbei…. Für ein Bier war es aber definitiv noch zu früh.

Wiederum fuhr ich fast 30 Kilometer immer auf einer ansteigenden Strasse. Es ging über den Paisano Pass. Dann hinunter auf die riesige Ebene von Marfa. Wegen des Windes musste ich aber weiterhin kräftig in die Pedale steigen und in der Ebene waren die Böen teils so kräftig, dass ich konzentriert steuern musste, um nicht von der Linie abzukommen.

Alleine im Kampf gegen den Wind.

Alleine im Kampf gegen den Wind.

Zum Glück hatte ich den ganzen Tag einen prima Belag und weiten Seitenstreifen. Ich schaute immer wieder auf die Uhr, denn ich wollte kurz nach zwei Uhr in Marfa eintreffen. Wie ich in einem Radlerblog gelesen habe, gibt es dort ein „Swiss Cafe“, das aber um 3 Uhr Nachmittags schliesst. Meine Recherchen ergaben, das dieses von Verena Zbinden aus Winterthur geführt wird. Ihre Schwester und ihr Bruder betreiben dort das bekannte Cafe Vollenweider und diese prima Schokolade wird auch hier in der Einsamkeit von Westtexas angeboten. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen! Auch sonst sah die im Internet veröffentlichte Speisekarte verlockend aus, also der richtige Ort um etwas zu Essen. (Website: http://www.squeezemarfa.com)
Vor diesem kulinarischen Genuss genoss ich aber noch die Fahrt durch diese riesige Ebene mit goldgelbem Grass. Fahrten durch diese Landschaften sind für mich wie ein „Road Movie“. Viele Filme gehen mir durch den Kopf, wenn ich in diese endlose Weite schaue und in meinem eigenen Rhythmus Meile für Meile zurücklege.
Wer die Landschaftsszenen aus dem Film „No county for old man“ kennt, weiss wovon ich spreche. Der Film wurde in dieser Gegend gedreht.

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Mein ganz persönliches „Road Movie“

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„No country for old man“? Mir gefällts!

Kurz nach zwei Uhr traf ich im schönen Städtchen Marfa ein. Es hat 2121 Einwohner wie das Schild am Ortseingang verkündet und ist Sitz diverser regionaler Verwaltungsstellen und des Gerichts.

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Schmuckes Gebäude in Marfa

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Das ist für Kyle der heute nicht dabei war 🙂 Als Rechtsanwalt liebt er Gerichtsgebäude so wie wir „Bähnler“ tolle Züge.

Ich fand das Cafe dank der Beschreibung auf der Website rasch und habe Verena Zbinden dort angetroffen. Im schönen Garten genoss ich ein prima Sandwich und plauderte etwas mit den Gästen am Nebentisch.

Gemütliches Gartencafe

Gemütliches Gartencafe

Der Herr war sehr an meiner Reise und dem Liegerad interessiert. Er ist selber ab und zu auf mehrtägigen Fahrten mit dem Rad unterwegs und klagte über die Beschwerden die ihn nach langen Etappen jeweils plagen. Schmerzen im Nacken, Handgelenk, Hintern etc. Wer kennt das nicht, der sich auf einem „normalen Fahrrad“ länger bewegt. Ich erklärte ihm die unbestrittenen Vorteile eines Liegerades und das tolle Gefühl, auch nach sechs oder sieben Stunden Fahrt schmerzfrei aus dem Sattel zu steigen. Nun wollte er alles genau wissen und ich glaube, der Mann besucht nächstens ein gutes Fahrradgeschäft 🙂
Später kam Frau Zbinden noch zu mir erzählte, das sie schon dreissig Jahre in den USA lebt. Früher in Austin (Texas) und nun schon seit 2004 hier in Marfa. Es war schön wiedereinmal mit jemanden auf „züritütsch“ zu plaudern und zum Abschied spendierte sie mir noch einen hervorragenden Espresso und feinste Vollenweider Schokolade. Herzlichen Dank, daran könnte ich mich in den USA gewöhnen!

Verena Zbinden in ihrem Cafe. Erkennt ihr die Verpackung im Hintergrund? Beste schweizer Schokolade!

Verena Zbinden in ihrem Cafe. Erkennt ihr die Verpackung im Hintergrund? Beste schweizer Schokolade!

Sie gab mir noch einen Moteltip und so fand ich heute eine gute Unterkunft in der ich mich für die lange Etappe Morgen ausruhen kann. Die junge Frau an der Rezeption freute sich über meinen Besuch, da ich bis zu der Zeit der einzige Gast war. Nachdem das Motel in den vergangenen Tagen immer voll gebucht war, mussten die Gäste nach dem langen Thanksgiving Weekend wieder nach Hause und für mich heisst das, mehr freie Motelbetten und somit weniger Stress bei der Suche nach einer Unterkunft.

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Abendstimmungen …

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… aufgenommen rund um mein Motel.

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Was für ein Licht!

Drückt mir die Daumen, das der Wind nachlässt, den Morgen gilt es wieder ein langes Stück „Niemandsland“ zu durchqueren. Bis zum nächsten Motel sind es 120 Kilometer. Van Horn ich komme!

Tag 47: (29.11.14) Marathon – Alpine

Distanz: 47.8 km / Gesamt: 3691 km / Fahrzeit: 2 Std. 37 Min. / Durchschnitt 18.2 km/h

Morgens 5, Mittags 25 Grad, etwa 1 Std. Gegenwind bis 25 km/h, ganzer Tag sonnig,

Autotour in den Big Bend NP

Heute starteten Kyle und ich mit unterschiedlichen Zielen. Ich wollte bis Marfa und Kyle nach Fort Davis fahren, um dort ein Observatorium zu besuchen. Somit hatten wir für knapp 50 Kilometer die gleiche Strecke und würden uns dann trennen. Nach dem Start im „Hippicamp“ kauften wir uns in Marathon in einem Geschäft etwas zum Frühstück, verdrückten Bananen und Riegel auf der Strasse und wollten los.

Staubige Strasse aus dem "Hippicamp"

Staubige Strasse aus dem „Hippicamp“

Wir wussten das uns heute der Wind zu schaffen machen würde und in der Regel wird er am Nachmittag stärker. Also nicht zuviel Zeit verlieren. Trotzdem wurde es spät, denn wir schauten uns am Morgen die verschiedenen Gebäude im „Camp“ noch etwas genauer an und ein „Langzeitbewohner“, der sich offensichtlich etwas einsam fühlte, wollte noch plaudern und uns alles genau zeigen. Es war nach 10 Uhr bis wir wirklich starteten und der Wind begann sich schon bemerkbar zu machen. Zudem ging es stetig bergauf und die Strasse war nach wie vor sehr unruhig. Es brauchte viel Kraft das Tempo einigermassen hoch zu halten.

Immer geradeaus, go west!

Immer geradeaus, go west!

Der Gegenwind nahm konstant zu und es war klar, das dies bis Marfa eine zähe Angelegenheit werden würde. Im Kopf ging ich die nächsten Tagesetappen durch und entschied, wie ursprünglich einmal geplant, schon in Alpine eine Übernachtung einzulegen.

So begrüsst man "Langstreckenreiter".

So begrüsst man „Langstreckenreiter“.

Ich wollte versuchen dort ein Auto zu mieten um den Big Bend Nationalpark zu besuchen. Dieser liegt etwas abgelegen und war deshalb bei meinen bisherigen Reisen im Südwesten der USA immer etwas zu weit weg. Nun fuhr ich mit dem Rad praktisch am „Eingangstor“ vorbei und wollte die Gelegenheit nicht verpassen. In Alpine gingen Kyle und ich noch zu einem gemeinsamen Essen in einen „Diner“ (Restaurant).

Es hat prima geschmeckt!

Es hat prima geschmeckt!

Im Gespräch entschied sich Kyle, auch in Alpine zu bleiben und mit mir den Park zu besuchen. Zum Restaurant gehörte auch ein Motel und so konnten wir gleich ein Zimmer reservieren. Glück das etwas frei war, den im Moment ist diese Gegend wegen Thanksgiving immer noch gut ausgebucht. Gleich nebenan war der einzige, lokale Autovermieter wo wir auch ein Auto mieten konnten.
Somit hatten wir einen lockeren Nachmittag vor uns. Strecken für die wir mit dem Rad einen ganzen Tag brauchen waren nun in einer Stunde zurückgelegt. So fuhren wir von Alpine bis zum Big Bend inkl. Fahrten im Park und zurück etwas über 300 Kilometer weit. Es war Kyle’s erster Besuch in einem Nationalpark. Im Park selber haben wir dann das „kurze Touristenprogramm“ abgespult. Fahrten zu verschiedenen Aussichtspunkten und ganz kurze „Wanderstrecken“.

Echte Touristen

Echte Touristen

Einmal mehr hatten wir einen strahlend blauen Tag und tolles Licht, so dass das ich einige schöne Fotoaufnahmen im Park machen konnte.

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Auf dem Rückweg wurden wir von der Border Patrol (Grenzwache) angehalten und sie wollten wiederum meinen Pass sehen. Sie nahmen es sehr genau und ich war froh den Pass nicht im Motel gelassen zu haben. Der Abend wäre wohl ungemütlich geworden.
Tipp: Wenn ihr nahe der südlichen Grenze der USA einmal unterwegs seit, den Pass immer dabei haben, man kann nie wissen!

Tag 46: (28.11.14) Sanderson – Marathon

Distanz: 91.6 km / Gesamt: 3643.2 km / Fahrzeit: 6 Std. 33 Min. / Durchschnitt 14 km/h

Morgens 5, Mittags 25 Grad, ab ca 11 Uhr starker Gegenwind, ganzer Tag sonnig,

„wüste“ Wüstenwinde

Heute Morgen wurden wir von unserem „Motelbesitzer“ mit einem „Frühstück zum mitnehmen“ überrascht. Er brachte ein Tablett mit Nachos, Salzbretzel und andern „gesunden Sachen“ auf das Zimmer und erklärte, das sei das in der Webseite angekündigte „Breakfast to go“.

Unser Frühstück, wir haben es dort gelassen.

Unser Frühstück, wir haben es dort gelassen.

Wir staunten nicht schlecht und uns war klar, dass er und wir nicht nur in dieser Beziehung eine etwas andere Vorstellung hatten. Er bat uns noch eine gute Bewertung im Internet für sein Hotel abzugeben. Den Gefallen können wir ihm beim besten Willen nicht erfüllen. Das Beste was wir für ihn tun können, ist keine Bewertung zu schreiben! Bei der Toilettenspülung mussten wir die Wasserhahn zuerst öffnen, bevor wir spülen konnten, nachts aber wieder schliessen, damit das Wasser nicht immer durch die Toilette floss. Die Badezimmertüre liess sich nicht schliessen und alles in allem war es eng und alt. Der Mann war ein Inder und setzte offensichtlich noch Qualitätsmassstäbe aus seiner alten Heimat an. Wir machten uns bei schönem, aber noch kühlen Wetter auf den Weg. Bei der Ortsausfahrt besorgten wir uns an der Tankstelle noch ein richtiges Frühstück und stockten den Proviant auf, schliesslich zwischen dem Start und Ziel keine Möglichkeit sich etwas zu besorgen. 90 Kilometer „Nichts“ lagen vor uns und wir machten uns auf den Weg.

Kampf gegen den Wind.

Der Kampf gegen den Wind ist zu zweit etwas leichter.

Die Strasse stieg immer leicht an, der Belag war nach wie vor rauh und je später der Morgen desto mehr nahm der Wind zu. Gegen Mittag war der Wind bereits so stark, das wir oft nur noch 10-12 km schafften.
In einem Anstieg sahen wir eine Gruppe von drei Personen am Strassenrand und hielten an. Es stellte sich heraus, das einer ein „professioneller Wanderer“ war, der darüber Bücher schrieb und im Moment auf dem Weg von El Paso an den Golf von Mexiko ist. Er wurde heute von einem Mann ein Stück auf der Wanderung begleitet und über diese Wanderung wird von einem Produzenten der University of Mississippi ein Dokumentarfilm erstellt. (Website: southdocs.org)

Treffpunkt der "Nomaden"

Treffpunkt der „Nomaden“

Wir plauderten kurz mit dem Team über unsere Reisen und machten uns nach einem „Teamfoto“ mit Mark, dem Wanderer, wieder auf den Weg. Am Picknickplatz wo wir Mittagspause machten, mussten wir aufpassen, dass die Velos nicht vom Wind umgeworfen wurden und wir waren froh schon ein gutes Stück gefahren zu sein.

Kalorienbunkern!

Kalorienbunkern!

Noch gut 40 Kilometer bis nach Marathon lagen vor uns. Der Wind wurde immer stärker und wir mussten kräftig in die Pedale treten, damit wir das Ziel noch vor fünf Uhr erreichten. Wir wussten nur das dort die Hotels ausgebucht waren und es im Ort ein „alternatives Hostel“ (Jugendherberge) hatte, bei dem Radler sogar eine Nacht umsonst schlafen dürfen.

Auch das noch! Kurz vor dem Ziel hatte Kyle seinen ersten Platten auf der Reise. Nicht schlecht mit vier Rädern. Er fährt: Schwalbe Marathon plus, Kenner wissen das zu schätzen.

Auch das noch! Kurz vor dem Ziel hatte Kyle seinen ersten Platten auf der Reise. Nicht schlecht mit vier Rädern. Er fährt: „Schwalbe Marathon plus“, Kenner wissen das zu schätzen.

Als wir in Marathon ankamen mussten wir etwas suchen, fanden den Ort dann aber am Ortsrand in einem einfachen Quartier.
Der Ort gehört einem pensionierten Piloten, der neben der Fliegerei auch sonst viel gereist ist und der einfach Freude an Experimenten hat. Er baut nun auf dem Grundstück zusammen mit freiwilligen Helfern verschiedene Gebäude und bietet unterschiedliche Übernachtungsmöglichkeiten an.

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Unsere Unterkunft heute Nacht.

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In wärmeren Nächten sicher ein begehrter Schlafplatz auf dem Dach.

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Toilette und Dusche im kleinen „Schloss“.

Am besten hat uns natürlich das Bett unter freiem Himmel gefallen, da die Nacht hier abseits störender Lichter sehr dunkel und der Sternenhimmel dank der trockenen Luft einfach atemberaubend ist. Die Temperatur sinkt hier in der Nacht aber im Moment auch auf etwa 3-5 Grad, so dass wir eine Unterkunft im Haus bevorzugten. Der Ganze Ort ist etwas chaotisch, hat aber auch viele schöne Details und ist wohl ein perfekter Platz für eine Goa-Party.

Wir waren jedoch müde von einem anstrengenden Tag. Kochten in der offenen Küche einen Topf Teigwaren und waren froh, dass es nur wenige Gäste hatte und der Abend sehr ruhig war.

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Unsere „Freiluftküche“

Kyle lag schon um halb acht, noch in den Kleidern auf dem Bett und schlief tief. Offensichtlich sind solche Tage nicht nur für „ältere Herren“ wie mich anstrengend.

Es wurde bald dunkel und ruhig in der Wüste.

Es wurde bald dunkel und ruhig in der Wüste. Gute Nacht!

Tag 45: 27.11.14) Langtry – Sanderson

Distanz: 101 km / Gesamt: 3551.6 km / Fahrzeit: 6 Std. 15 Min. / Durchschnitt 16.1 km/h

Morgens 5, Mittags 25 Grad, kein Wind, ganzer Tag sonnig,

going west

Die Nacht im Trailer war ziemlich kalt. So habe ich nicht wirklich gut geschlafen aber immerhin, besser als draussen. Der Wohnwagen war gut eingerichtet und es ist wirklich erstaunlich, das der Besitzer das gute Stück unverschlossen hier stehen lassen kann und die Tourenfahren hier ein und ausgehen dürfen. Die Spende, deren Höhe jeder selber bestimmt, legt man in den Eiskasten und der Besitzer kommt von seinem Wohnort, immerhin etwa 150 Kilometer entfernt, alle paar Tage vorbei, schaut nach dem Rechten, wechselt Tücher, Bettwäsche oder was nötig ist. Einmal mehr ein tolles Beispiel texanischer Gastfreundschaft. Kyle und ich machten uns in der kalten Morgenluft startklar und genossen das tolle Licht in der Wüste, das uns die aufgehende Sonne bescherte.

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Stand gleich neben unserem Wohnwagen und hätte wohl einiges zu erzählen.

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Es ist dieses Licht warum ich Wüsten so liebe.

Die ersten Kilometer mussten wir uns noch gut einpacken um nicht zu frieren, aber so im 30 Minutentakt konnten wir Schicht um Schicht ausziehen. Die Vegetation nahm immer mehr ab und die Kakteen zu. Ansonsten viele gelbliche Steine und Hügel, was sich auch beim Fahren bemerkbar machte. Ein ständiges rauf und runter, wobei der Teerbelag noch immer nicht wirklich gut ist. Nach wie vor bremst der grobe Belag. Aber wir wollen nicht klagen.

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Zum Glück haben sie ab und zu etwas Fels abgesprengt, das ersparte uns ein paar Höhenmeter.

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Ein Plauerstündchen mit Kyle macht das Fahren kurzweiliger.

Es ist kaum Verkehr und wir haben einen sicheren und breiten Streifen an der Seite, so dass wir oft lange gemütlich nebeneinander herfahren und plaudern können. Es ist schön nach so vielen Kilometern wieder mal einen Reisepartner an der Seite zu haben und in dieser einsamen und abgelegenen Gegend kam das für uns beide wie gerufen. Zudem fahren wir die exakt gleichen Geschwindigkeiten und so muss keiner dauernd auf den anderen warten. Nach gut 65 Kilometern erreichten wir Dryden, der einzige Ort zwischen unserem Start und Zielort. Dort wohnen sicher auch nur eine handvoll Leute, aber es hat imerhin einen Laden. Wir hatten genügend Proviant dabei, aber etwas kühles zu Trinken wäre schon schön, denn in der Zwischenzeit begann die Sonne ihre Arbeit zu verrichten. Am einzigen Laden im Ort dann das Schild „Closed“. Klar, es war ja „Thanksgiving“. Also setzten wir uns im Schatten vor dem Laden hin und packten den Proviant aus.

Der "geschlossene" Shop in Dryden.

Der „geschlossene“ Shop in Dryden.

Ich sagte zu Kyle: „Ein kühles Mountain Dew würde mir aber jetzt schon schmecken.“ Kurz darauf öffnete ein Mann die Türe des Geschäfts, „wollt ihr was zum trinken kaufen?“ fragte er, „ich mache für euch kurz auf.“ Super, er hatte sogar Mountain Dew im Kühlschrank und eine Cola dazu. Exakt was ich brauchte. Wir bedankten uns und der Mann schloss das Geschäft hinter uns wieder ab. Kurz darauf tauchte er wieder auf: „Wir möchten euch einladen mit uns das Thanksgiving Mittagessen zu geniessen. Wollt ihr kommen?“ Kyle und ich schauten uns verdutzt an, damit hatten wir nicht gerechnet. Das ist ungefähr so, wie wenn wir zu Hause Fremde von der Strasse zum Weihnachtsessen hereinbitten würden. Da wir aber noch einige zu leisten hatten und wussten das vor allem noch einige Hügel auf uns warteten, könnten wir diese nette Einladung nicht annehmen. Wir entschuldigten uns, bedankten uns gleichzeitig und sagten, wie nett wir diese Einladung finden, aber wir müssten weiter. Wir wünschten ein „happy thanksgiving“ und machten uns auf den Weg.

Unsere Teerpiste durch die Wüste.

Unsere Teerpiste durch die Wüste.

Mal kein "selfi", Kyle hat auf den Auslöser gedrückt.

Mal kein „selfi“, Kyle hat auf den Auslöser gedrückt.

Oft verläuft die Eisenbahn parallel zur Strasse, so das der Eisenbahner in mir ab und zu an die Arbeit erinnert wird, aber nur ganz kurz.

Oft verläuft die Eisenbahn parallel zur Strasse, so dass der Eisenbahner in mir ab und zu an die Arbeit erinnert wird, aber nur ganz kurz.

Es wurde immer einsamer und in der Mitte des Nirgendwo tauchte plötzlich ein Schild auf, das hier ein Schulbus stoppen würde. Das bedeutete, in der Nähe musste eine einsame Farm sein, in der schulpflichtige Kinder lebten. Ich gehe mal davon aus, das die pro Weg mindestens eineinhalb Stunden mit dem Bus unterwegs sind.

Hier wartet ein Kind auf den Schulbus. Ziemlich einsam, nicht?

Hier wartet ein Kind auf den Schulbus. Ziemlich einsam, nicht?

Später passierten wir ein Fahrzeug der Grenzwache, welche hier mit viel Aufwand die illegale Einwanderung über die grüne Grenze aus Mexiko, die in Sichtweite liegt, verhindern will. Sie Fahren mit ihren Autos neben der Strasse her und ziehen Lastwagenreifen hinter sich, um die Spuren im Sand zu verwischen. So können sie bei neuen Fussspuren darauf schliessen, das Einwanderer unterwegs sind, denn sonst ist hier niemand zu Fuss unterwegs.

Die Border Partol verwischt die alten Spuren im Sand.

Die Border Partol verwischt die alten Spuren im Sand.

Wir erreichten unser Motel in Sanderson kurz nach vier Uhr und fuhren noch quer durch die Ortschaft, um uns in der einzigen offenen Tankstelle noch ein verdientes Feierabendbier zu besorgen.

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Hauptstrasse in Sanderson.

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Kleines Haus im Abendlicht.

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So lebt man hier im wilden Westen heute.

Hart verdient schmeckt es am besten!

Hart verdient schmeckt es am besten!

Morgen wird es noch einsamer. Zwischen dem Start hier in Sanderson und dem Ziel in Marathon gibt es auf 89 Kilometer: NICHTS!

Tag 44: (26.11.14) Del Rio – Langtry

Distanz: 97.8 km / Gesamt: 3450.6 km / Fahrzeit: 6 Std. 05 Min. / Durchschnitt 16.0 km/h , es wird hügelig

Morgens 3, Mittags 24 Grad, kein Wind, ganzer Tag sonnig,

Willkommen in der Wüste

Heute habe ich mit dem Überqueren des Amistad Reservoirs, eines riesigen Sees der vom Rio Grand gespiesen wird, nun entgültig die Wüste im Westen von Texas erreicht.

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Amistad: Dieser Name hatte ich in den letzten eineinhalb Jahren unzählige Male in Blogs gelesen und mir vorgestellt, wie es sein würde hier mit dem Rad vorbei zu fahren. Nun war ich da! Mir rollten ein paar Tränen über die Wangen. Glücksgefühle!

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Die Eisenbahnbrücke über das Amistad Reservoir.

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Ich war am „Eingangstor“ zur Wüste:

Die Vegetation nahm weiter ab und links und rechts der Strasse sind nur noch Büsche und Sträucher auszumachen. Dazwischen viele Steine und Sand. Ich fahre nun auch nahe der mexikanischen Grenze und so ist die Grenzwache überall präsent, um die illegale Einwanderung in die USA wo möglich zu verhindern. Auf der Strasse gibt es Checkpoints, bei denen alle Fahrzeuge angehalten werden. Auch ich musste stoppen und mit dem Pass beweisen, das ich mich legal hier aufhalte. Die Grenzwächter waren freundlich und wünschten eine gute Weiterreise. Kurz darauf kam ich in Comstok an. Das war etwa die Mitte der heutigen Etappe und der einzige Ort weit und breit wo es etwas zu kaufen gibt.

Das einzige Geschäft in Comstock.

Das einzige Geschäft in Comstock.

Zwei Jugendlich sprachen mich vor dem Geschäft an, wollten wissen woher ich komme, wohin ich reise und waren ganz begeistert. Sie schüttelten mir die Hand zum Abschied und wünschten mir eine gute Reise. Ich freute mich über soviel Begeisterung bei diesen beiden Jugendlichen. Nachdem ich im Laden eingekauft hatte, stoppte ein Motorradfahrer vor dem Geschäft. Er ist ein Franzose der zwischen dem Süden der USA und Norden von Mexiko auf seiner Reise Richtung Westen hin und her pendelte. Wir plauderten etwas und er erzählte mir, das ein Radfahrer hinter mir unterwegs sei, der auch nach Westen fahre. Ich könne ja kurz warten, er werde sicher in 10 Minuten hier sein.
Ich wartete, ass mein Sandwich und schon tauchte Kyle auf. Er ist Rechtsanwalt, 28 Jahre alt und wohnt in Washington. Nun hat er sich nach Jahren des Studiums und dem Rennen nach Erfolg eine Auszeit gegönnt und möchte sich auf dieser Reise klar darüber werden, wie er sein Leben zukünftig gestalten möchte. Er scheint ein recht netter Typ zu sein und als wir feststellen, das wir beide im gleichen Trailer übernachten werden, beschlossen wir die Fahrt gemeinsam fortzuführen. Das hat prima geklappt, unsere Geschwindigkeit harmoniert gut und so habe ich seit langen wieder einmal einen Reisepartner auf dem Weg gehabt.

Wieder mal ein Reisepartner. Kyle hat sein Gepäck im Anhänger.

Wieder mal ein Reisepartner. Kyle hat sein Gepäck im Anhänger.

In Langtry suchten wir zuerst den Trailer, den wir ja zum Schlafen benützen können. Es ist ein prima ausgestatteter Wohnwagen mit Doppelbett und Stockbetten, Küche, WC inkl. Dusche. Einfach super das Keith Mann, so heisst der Besitzer, diesen Wohnwagen hier Radreisenden zur Verfügung stellt. Er bitte einfach um eine Spende.

Hier dürfen wir heute Nacht schlafen: Danke Keith Mann, du bist ein Supertyp diese Möglichkeit zur Verfügung zu stellen!

Hier dürfen wir heute Nacht schlafen: Danke Keith Mann, du bist ein Supertyp diese Möglichkeit zur Verfügung zu stellen!

Wir besuchten noch das Museum von „Judge Roy Bean“, einem legendären Richter hier in der Gegend, der um 1870 hier wohnte und oft im Salon „Recht sprach“. Westlich des Flusses „Pecos“ war sein Wort Gesetz.

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Im Salon von Richter Roy Bean.

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Aussenansicht des Salons und gleichzeitig „Gerichtsgebäudes“, als der wilde Westen noch richtig wild war.

Heute leben noch 12 Personen hier. Die Hälfte der Einwohner haben wir kennengelernt. Entweder arbeiteten sie im Museum, waren für einen Schwatz gerade dort oder sie sind im einzigen kleinen Laden, wo wir und das verdiente kühle Feierabendbier besorgten.

Langtry, irgendwo im Nirgendwo.

Langtry, irgendwo im Nirgendwo. Wir sind auf dem Weg Bier zu besorgen 🙂 Nur 2 Kilometer, immerhin hat das Dorf 12 Bewohner.

Die Dame im Museum erzählte, das es hier noch bis 1976 eine Schule gab, aber da die Eisenbahn mit den modernen Zügen hier nicht mehr anhalte und die Farmen immer mehr zu reinen „Jagtfarmen“ umgestaltet wurden, gebe es halt keine Arbeit mehr und viele seien ausgezogen. Sie sei aber hier auf einer Farm geboren und es gefalle ihr  gut. Ja zum Einkaufen müsse sie nach Del Rio, also knapp 100 km. Ich hoffe nur, das sie nicht zu oft etwas auf dem Einkaufszettel vergisst.

Es war ein prima Tag und ich bin endlich in dem Gebiet angekommen, auf das ich mich schon zu Hause so gefreut habe und das ich, in den vielen Blogs die ich gelesen habe, zumindest in Gedanken schon viele Nächte durchfahren habe: Willkommen in der Wüste!  I love it!!!

Tag 43: (25.11.14) Brackettville – Del Rio

Distanz: 53.5 km / Gesamt: 3352.2 km / Fahrzeit: 3 Std. 13 Min. / Durchschnitt 16.3 km/h 😦

Morgens 7, Mittags 12 Grad, aufkommender Wind, gegen Mittag starker Gegenwind, sonnig,

Vorbereitung

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der Vorbereitung für die kommende Woche. Die nächsten knapp 500 Kilometer auf der Strasse „90“ von Del Rio bis Van Horn sind nur schwach besiedelt und nicht überall wo ein paar Häuser und vielleicht ein kleiner „Foodstore“ steht, hat es auch Übernachtungsmöglichkeiten. Zudem ist am Donnerstag wohl der höchste Feiertag in den USA: „Thanksgiving“. Ein Fest an dem man sich traditionell mit seiner Familie trifft und gemeinsam einen, möglichst grossen, Truthahn verspeist. Da nun aber viele Familien oft über das ganze Land verstreut leben, ist es auch die Woche mit dem grössten Reiseverkehr. Ob mit dem Flugzeug oder dem Auto, halb USA ist unterwegs. Die Nachrichten sprechen von 5 Milionen mit dem Flugzeug und 51 Milionen mit dem Auto. Dazu ist an der Ostküste nach wie vor ein Wintersturm aktiv, was wohl viele Reisepläne durcheinander bringt und ein entsprechend grosses Thema in den Newssendungen ist. Viele nehmen sich den Freitag zusätzlich frei und kommen so zu einem verlängerten Wochenende. Da ein Angestellter hier in der Regel nur einige Tag bezahlter Urlaub im Jahr hat, ist das für viele wie Ferien. Also sind auch die Unterkünfte gut gebucht.
Ich habe also heute die nächsten paar Tage so gut es ging fix geplant.

Das Wetter sollte stabil bleiben und ich hoffe die Etappen wie vorgesehen fahren zu können. Morgen werde ich in Langtry übernachten. Dort habe ich über die „Warmshowers“ Website einen Gastgeber gefunden, der seinen Trailer für Radfahrer zum Übernachten zur Verfügung stellt. Ich habe ihn heute angerufen und er sagte: „Ich bin nicht da, aber der Trailer ist offen, du kannst ruhig dort schlaffen. Du kannst mir eine Spende dort lassen, soviel wie dir richtig erscheint.“ Tönt ziemlich unkompliziert, ich bin gespannt. Für Donnerstagabend konnte ich in Sanderson ein Motel reservieren und für Freitag waren die Unterkünfte in Marathon alle ausgebucht. Aber zum Glück gibt es auch dort eine Alternative. Ich werde euch berichten wie es war.

Apropos berichten: Die Blogs werden in den nächsten Tagen wohl eher mal ausfallen bzw. erst mit ein zwei Tagen Verzögerung publiziert werden, da ich wohl nur sehr eingeschränkt Zugang zu WLAN haben werde.

Hier habe ich heute übernachtet. Ehemalige Soldatenunterkunft in "Fort Clark Springs". Schöne sielvolle Zimmer.

Hier habe ich heute übernachtet. Ehemalige Soldatenunterkunft in „Fort Clark Springs“. Schöne stilvolle Zimmer.

Das Areal wird gut gepflegt.

Das Areal aus den 1840er Jahren wird gut gepflegt. 

In den ehemaligen Offiziershäusern wohnen nun Privatpersonen. Viele Gebäude auf dem Areal sind in Privathäuser und Wohnungen umgewandelt.

In den ehemaligen Offiziershäusern wohnen nun Privatpersonen. Viele Gebäude auf dem Areal sind in Privathäuser und Wohnungen umgewandelt. 

Die heutige Fahrt war bis auf eine nette Begegnung am Strassenrand ähnlich wie gestern.

Die beiden Radler aus Austin (TX)

Die beiden Radler aus Austin (TX)

Das radfahrende Paar war unterwegs von El Paso nach Austin Texas. „Nur eine kurze Tour“ sagten sie. Immerhin gut 1200 Kilometer! Das ist doch schon ein ganzes Stück. Und die beiden waren auf ungefederten Rädern unterwegs! 😦 Ja es sei manchmal ziemlich schlimm gewesen, berichteten sie. Da kann ich mich ja noch auf etwas gefasst machen. Sie haben übrigens in Langtry auch im Trailer übernachtet und es hat ihnen gefallen.
Nach einem kurzen „Schwatz“ am Strassenrand ging es weiter, Rüttelpiste, stetig bergauf und gegen Mittag immer stärkerer Gegenwind. Da ich nicht viele Kilometer vor mir hatte, nahm ich es gelassen, was die Geschwindigkeit fallen lies.

Verlassene Tankstelle am Strassenrand. Ob er durch die günstigen Benzinpreise ruiniert wurde?

Verlassene Tankstelle am Strassenrand. Ob er durch die günstigen Benzinpreise ruiniert wurde?

Ich fahre also auf einer historischen Strasse, wie diese Tafel erzählt.

Ich fahre also auf einer historischen Strasse, wie diese Tafel erzählt. Bis die Eisenbahn 1877  gebaut wurde, waren die Güter und Menschen hier mit verschiedenen Arten von Planwagen und Kutschen unterwegs. Ich bin immer wieder fasziniert wenn ich diese Landschaften sehe und mir vorstelle, wie das Reisen hier noch vor 150 Jahren gewesen sein muss.(Das ist nur 3 x mein meine Lebenszeit, verrückt!)

Kurz vor Del Rio fuhr ich an der „Laughlin Air Force Base“ vorbei. Dort drehten etwa acht Propellermaschinen ununterbrochen ihre Kreise: Landeanflug – Pisteberühren – Durchstarten – Kurve fliegen – Landeanflug usw. Die Piloten übten offensichtlich das punktgenaue Landen mit ihren Maschinen. So hatte ich etwas zu sehen während ich mich gegen den Wind stemmte und bald das Ortschild von Del Rio passierte.

Sie kreisten lange über mir.

Sie kreisten lange über mir.

Bald am Ziel :-)  ... und es ist erst Mittag.

Bald am Ziel 🙂
… und es ist erst Mittag.

Kurz vor ein Uhr war ich im Motel und konnte meine Vorbereitungen starten. Wäsche waschen, Etappenplanung, Verpflegung für die nächsten zwei Tage einkaufen etc.
Da mein Motel ganz in der Nähe eines grossen Einkaufskomplexes steht, konnte ich das gut zu Fuss erledigen und mich zwischen all den „Thanksgivingshopers“ durchschleichen und das Geschäft möglichst rasch wieder verlassen. Fast ein bischen so wie bei uns kurz vor Weihnachten im Migros- oder Coopzenter. Nicht wirklich das was ich suche.

Tag 42: (24.11.14) Hondo – Brackettville

Distanz: 134.3km / Gesamt: 3297.7 km (2049 Meilen) / Fahrzeit: 7 Std. 23 Min. / Durchschnitt 18.3 km/h

Morgens 17, Nachmittags 23 Grad, kaum Wind, ganzer Tag sonnig, keine Wolke 🙂

geschüttelt, nicht gerührt

Das war einfach ein harter Tag. Ich fühlte mich so wie der Martini von James Bond. Geschüttelt nicht gerührt! Von den 134 km die ich heute zurückgelegt habe, waren mehr als 100 auf einem sehr rauen Seitenstreifen. „Texas Chip Seal“ sagt den regelmässigen Bloglesern ja schon was. Heute war es mit wenigen Ausnahmen im Gebiet um Uvalde dauernd sehr unruhig auf dem Seitenstreifen und jede Schraube an meinem Fahrrad wurde einem intensiven Rütteltest unterzogen. Ich war froh, dass mein Rad sowohl vorne als auch hinten gut gefedert ist. Trotzdem hatte ich die ganze Rüttlerei im Verlauf des Nachmittags ziemlich satt. Selbst in meinem bequemen „Liegestuhl“ fühlte ich mich nicht mehr so entspannt und war froh, diese Strecke nicht auf einem „normalen Velo“ fahren zu müssen. Wie muss es hier jenen Radlern ergehen, die auf einem harten Sattel ohne Federung diese Strecke fahren „müssen“.

Morgengruss in Hondo bei der Abfahrt.

Morgengruss in Hondo bei der Abfahrt.

Zudem bin ich nun in einer Gegend, in der die Entscheidung, zum nächsten Ort weiterzufahren oder hier die Nacht zu verbringen, nur so alle 60 km gefällt werden kann, da es dazwischen schlicht kaum Orte und vor allem keine Motels gibt.

Ich bin im "wilden Westen" angekommen. Sanibal  "Downtown"

Ich bin im „wilden Westen“ angekommen. Sanibal „Downtown“

Hier wurde ich gewarnt, Autostopper mitzunehmen, es könnten "Ausbrecher" im nahen Gefängniss sein. Kein Problem für mich, ich habe sowieso keinen Platz.

Hier wurde ich davor gewarnt keine Autostopper mitzunehmen, es könnten „Ausbrecher“ im nahen Gefängnis sein. Kein Problem für mich, ich habe sowieso keinen Platz 🙂

Heute schlafe ich im „Fort Clark Springs Motel“. Das ist in einem alten Fort aus dem Jahr 1852, das heute neben einem Museum in den alten Gebäuden auch ein Motel und ein Campingplatz bietet. Es ist hier weit und breit keine weiter Unterkunft vorhanden. Der nächste Ort ist Del Rio.
Ich bin froh mich entschieden zu haben, heute bis Brackettville durchzufahren. So habe ich Morgen je nach Wettersituation verschiedene Optionen. Del Rio ist schon sehr nahe und kann auch bei viel Gegenwind erreicht werden, vielleicht fahre ich auch bis Comstock weiter.
Die Fahrt heute war, neben dem Erreichen der Meile 2’000, die ja für alle MILES4KOKOU Sponsoren von „Bedeutung“ ist, nicht sehr aufregend.

Meile 2000 geschafft!

Meile 2000 geschafft!

Es ging, abgesehen von der Region Uvalde nach etwa 65 km, immer über Land; weit und breit kaum Häuser und stetig etwas Bergauf. Es war also eher eine mentale Herausforderung, trotz der sehr bremsenden Unterlage und der nicht endenden Hügeln, den Druck in den Pedalen aufrecht zu erhalten und dem Ziel entgegen zu strampeln.

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Die Farmer hier haben ein lukratives Zusatzgeschäft entdeckt. Auf ihren riesigen Farmen züchten sie Tiere für die „Jagt“, die dann von „Jägern“ gegen gutes Geld geschossen werden können. Diese Ranch bietet eine Vielfalt von Tieren zur Jagt an, wie das Tor beweist.

Das Licht und die weite Landschaft, die ich so liebe, entschädigte mich für die Anstrengung. In solchem Momenten kann Radfahren auch was meditatives haben.

Die Bilder mögen sich gleichen, aber es ist diese Landschaft, dieses Licht, das mich hier so fasziniert und motiviert immer weiter zu fahren: go west!

Die Bilder mögen sich gleichen, aber es ist diese Landschaft, dieses Licht, das mich hier so fasziniert und motiviert immer weiter zu fahren: go west!

Du, die Landschaft, dein Rhythmus und immer weiter. Mehr braucht es nicht. Ich bin froh diese Momente der Entspannung geniessen zu dürfen und den ganzen Ballast der einem im Alltag oft belastet, einfach vergessen zu können. In diesem Sinne war es bei aller Anstrengung und mehr als 7 Std. und 20 Minuten im Sattel „just a good day“.