Distanz: 101 km / Gesamt: 3551.6 km / Fahrzeit: 6 Std. 15 Min. / Durchschnitt 16.1 km/h
Morgens 5, Mittags 25 Grad, kein Wind, ganzer Tag sonnig,
going west
Die Nacht im Trailer war ziemlich kalt. So habe ich nicht wirklich gut geschlafen aber immerhin, besser als draussen. Der Wohnwagen war gut eingerichtet und es ist wirklich erstaunlich, das der Besitzer das gute Stück unverschlossen hier stehen lassen kann und die Tourenfahren hier ein und ausgehen dürfen. Die Spende, deren Höhe jeder selber bestimmt, legt man in den Eiskasten und der Besitzer kommt von seinem Wohnort, immerhin etwa 150 Kilometer entfernt, alle paar Tage vorbei, schaut nach dem Rechten, wechselt Tücher, Bettwäsche oder was nötig ist. Einmal mehr ein tolles Beispiel texanischer Gastfreundschaft. Kyle und ich machten uns in der kalten Morgenluft startklar und genossen das tolle Licht in der Wüste, das uns die aufgehende Sonne bescherte.
Die ersten Kilometer mussten wir uns noch gut einpacken um nicht zu frieren, aber so im 30 Minutentakt konnten wir Schicht um Schicht ausziehen. Die Vegetation nahm immer mehr ab und die Kakteen zu. Ansonsten viele gelbliche Steine und Hügel, was sich auch beim Fahren bemerkbar machte. Ein ständiges rauf und runter, wobei der Teerbelag noch immer nicht wirklich gut ist. Nach wie vor bremst der grobe Belag. Aber wir wollen nicht klagen.
Es ist kaum Verkehr und wir haben einen sicheren und breiten Streifen an der Seite, so dass wir oft lange gemütlich nebeneinander herfahren und plaudern können. Es ist schön nach so vielen Kilometern wieder mal einen Reisepartner an der Seite zu haben und in dieser einsamen und abgelegenen Gegend kam das für uns beide wie gerufen. Zudem fahren wir die exakt gleichen Geschwindigkeiten und so muss keiner dauernd auf den anderen warten. Nach gut 65 Kilometern erreichten wir Dryden, der einzige Ort zwischen unserem Start und Zielort. Dort wohnen sicher auch nur eine handvoll Leute, aber es hat imerhin einen Laden. Wir hatten genügend Proviant dabei, aber etwas kühles zu Trinken wäre schon schön, denn in der Zwischenzeit begann die Sonne ihre Arbeit zu verrichten. Am einzigen Laden im Ort dann das Schild „Closed“. Klar, es war ja „Thanksgiving“. Also setzten wir uns im Schatten vor dem Laden hin und packten den Proviant aus.
Ich sagte zu Kyle: „Ein kühles Mountain Dew würde mir aber jetzt schon schmecken.“ Kurz darauf öffnete ein Mann die Türe des Geschäfts, „wollt ihr was zum trinken kaufen?“ fragte er, „ich mache für euch kurz auf.“ Super, er hatte sogar Mountain Dew im Kühlschrank und eine Cola dazu. Exakt was ich brauchte. Wir bedankten uns und der Mann schloss das Geschäft hinter uns wieder ab. Kurz darauf tauchte er wieder auf: „Wir möchten euch einladen mit uns das Thanksgiving Mittagessen zu geniessen. Wollt ihr kommen?“ Kyle und ich schauten uns verdutzt an, damit hatten wir nicht gerechnet. Das ist ungefähr so, wie wenn wir zu Hause Fremde von der Strasse zum Weihnachtsessen hereinbitten würden. Da wir aber noch einige zu leisten hatten und wussten das vor allem noch einige Hügel auf uns warteten, könnten wir diese nette Einladung nicht annehmen. Wir entschuldigten uns, bedankten uns gleichzeitig und sagten, wie nett wir diese Einladung finden, aber wir müssten weiter. Wir wünschten ein „happy thanksgiving“ und machten uns auf den Weg.

Oft verläuft die Eisenbahn parallel zur Strasse, so dass der Eisenbahner in mir ab und zu an die Arbeit erinnert wird, aber nur ganz kurz.
Es wurde immer einsamer und in der Mitte des Nirgendwo tauchte plötzlich ein Schild auf, das hier ein Schulbus stoppen würde. Das bedeutete, in der Nähe musste eine einsame Farm sein, in der schulpflichtige Kinder lebten. Ich gehe mal davon aus, das die pro Weg mindestens eineinhalb Stunden mit dem Bus unterwegs sind.
Später passierten wir ein Fahrzeug der Grenzwache, welche hier mit viel Aufwand die illegale Einwanderung über die grüne Grenze aus Mexiko, die in Sichtweite liegt, verhindern will. Sie Fahren mit ihren Autos neben der Strasse her und ziehen Lastwagenreifen hinter sich, um die Spuren im Sand zu verwischen. So können sie bei neuen Fussspuren darauf schliessen, das Einwanderer unterwegs sind, denn sonst ist hier niemand zu Fuss unterwegs.
Wir erreichten unser Motel in Sanderson kurz nach vier Uhr und fuhren noch quer durch die Ortschaft, um uns in der einzigen offenen Tankstelle noch ein verdientes Feierabendbier zu besorgen.
Morgen wird es noch einsamer. Zwischen dem Start hier in Sanderson und dem Ziel in Marathon gibt es auf 89 Kilometer: NICHTS!