Die Idee

Ich fahre mit meinem Liegerad quer durch die USA, von Küste zu Küste, von Ost nach West!

So simpel die Idee, einfach und klar, aber die Dimensionen werden mir erst nach und nach bewusst. Eigentlich habe ich ja gar keine Erfahrungen mit Fahrradreisen und so tönt es vielleicht etwas seltsam, dass meine erste mehrtägige Reise gerade mal über 5000 km führen soll. Manchmal kommen halt einfach einige unerwartete Sachen zusammen, Ideen entstehen, brennen sich immer mehr in den eigenen Gedanken ein und wollen dann umgesetzt werden.

Die Idee zur Reise

Mit dem Liegerad in der Garage stieg nun auch mein Interesse an Reiseradberichten, Tourenbeschreibungen und alles was mit Rad(fern)reisen zu tun hatte. In einer Buchhandlung bin ich dann auf das Buch Route 66, Mit dem Fahrrad von Chicago nach Los Angeles „ von Dres Balmer gestossen.

Dres Balmer: Route 66

Dres Balmer: Route 66
(ISBN 978-3-85869-478-2.)

Schon das Titelbild faszinierte mich. Genauso wie Dres auf diesem Bild die Arme ausbreitet und auf seinem Rad auf der endlosscheinenden Strasse dem Horizont entgegenfährt, genauso stellte ich mir eine Fernradreise vor. Das Buch kam natürlich mit zu mir nach Hause und ab diesem Abend wurde das Licht oft etwas zu spät gelöscht, so dass der Wecker seine liebe Mühe hatte, mich nach den zu wenigen Stunden Schlaf wieder für die Arbeit zu wecken. Abend für Abend radelte ich mit Dres ein Stück auf der Rout 66, immer westwärts, dem Pazifik entgegen.

Wie könnte ich eine solche Reise realisieren? Konnte ich eine dreimonatige Auszeit bei meiner Arbeitsstelle realisieren. Ich hatte auf meinem „Ferienkonto“ ja immer noch 21 Tag nicht bezogene Treueprämie, die ich in den nächsten zwei Jahren beziehen musste, dazu 5 Wochen Jahresurlaub. Ich war also schon nahe dran. Mit etwas Überzeit und geschickt mit den Weihnachtsfeiertagen verknüpft sollte es passen. Die Gespräche mit meinem Vorgesetzten und den Arbeitskollegen, die ja während meiner Abwesenheit meine Stellvertretung wahrnehmen müssen, verliefen durchwegs positiv. Nach Durchsicht der laufenden Arbeitsprojekte war klar, der Start konnte frühestens am 10. Okt. 2014 erfolgen und  Anfang Januar musste ich zurück sein.

Ein Blick auf die Wetterdaten liessen keinen Zweifel aufkommen; Meine ursprüngliche Reiseidee von New York nach St. Louis und von dort der Route 66 entlang nach Los Angeles wollte ich um diese Jahreszeit nicht mehr starten. Für diese nördliche Route wäre aus meiner Sicht ein Start bis spätestens Anfang September nötig. Später würde es in den gebirgigen Appalachen bereits zu kühl und regnerisch sein und später im Westen wäre sicher im Gebiet um Flagstaff bereits mit Schnee zu rechnen.

Also musste eine andere Route gesucht werden. Auf der Website der ACA, Adventure Cycling Association  habe ich mir die verschiedenen Routen angeschaut. Für meine Jahreszeit kam auf jeden Fall nur eine südliche Strecke wie zum Beispiel der Southern Tier in Frage. Grundsätzlich gefiel mir die Routenführung doch fehlte mir das „besondere Etwas“. Die ACA Routen führen oft auf ruhigeren Nebenstrassen durchs Land, was grundsätzlich ja schön ist. Leider verpasst man so auch das eine oder andere Highlight. Nach stundenlangem Kartenstudium auf Google Maps hatte ich in meinem Kopf einmal die wichtigsten Eckdaten festgelegt. Vom südlichsten Punkt der US-Ostküste zum südlichsten Punkt der US-Westküste soll die Reise gehen. Das heisst: Start in Key West (Florida) dann dem Golf von Mexiko entlang nach New Orleans, möglichst südlich immer weiter durch Texas nach El Paso. Von dort immer möglichst der Grenze entlang nach San Diego. Die Frage ob ich die Route Ost – West oder West – Ost fahren würde, hat sich bei mir gar nie gestellt. Die USA konnte ich nur von Ost nach West durchqueren, so wie es schon die frühen Siedler gemacht haben. Zudem wohnen in San Diego gute Freunde und für mich wurde bis jetzt noch jede USA Reise mit ein paar Tagen bei ihnen in San Diego beendet. Man kann zwar immer wieder lesen, dass einem die Route von West nach Ost statistisch gesehen mehr Rückenwind bescheren würde, aber in fast allen Reiseberichten halten sich dann die Aussagen dazu in etwa die Waage. Jeder der die USA durchquert berichtet von diesen mühsamen Tagen, an denen einem der Gegenwind jede Freude am fahren nimmt und die Etappen kürzer aber dafür anstrengender werden lässt. Genauso berichten sie von diesen Supertagen wo einem der Rückenwind einfach nur so über die endlosen Strassen schiebt und man kaum mehr aufhören will und nur stopt, weil die Sonne untergeht oder dann sehr lange keine Unterkunftsmöglichkeit mehr besteht.