Distanz: 78.8 km / Gesamt: 4059.8 km / Fahrzeit: 4 Std. 16 Min. / Durchschnitt 18.4 km/h
Morgens 14, Mittags 25 Grad, ganzer Tag Gegenwind, leicht bis mittel, sonnig mit Wolkenfeldern
4000 Km und Wanderlust
Der heutige Tag war ja gemäss unserem Programm recht einfach. Vom Motel auf die Hauptstrasse von Fort Hancock, runter bis zur Strasse „20“, dort rechts abbiegen und dann gut 40 Kilometer geradeaus. In Fabes kurz rechts und links auf die „76“ und nochmals etwa 35 Kilometer geradeaus bis in den Ostteil von El Paso. Dort rechts zum Motel. Das ist es! So einfach kann eine Routenplanung aussehen. Wir liessen uns also heute etwas Zeit beim Aufstehen, dann die Etappe war nicht allzu lange und je später man losfährt, desto weniger muss man anziehen. Im Moment ist vor allem bei schönem Wettert der Morgen noch recht kühl, es wärmt dann aber so zwischen neun und zehn Uhr rasch auf. Also hatte ich Zeit für einige Fotos rund um unser Motel. Fort Hancock ist ein Nest, das in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung verloren hat, womit auch die Einwohnerzahl immer mehr sank, weil es hier schlicht keine Arbeit mehr gibt.
Gestern Abend waren wir in Angi’s Restaurant gleich vis a vis und plauderten etwas mit der Besitzerin. Ich schätze sie auf etwa 70 Jahre und sie ist noch immer täglich vor Ort. Sie erzählte, das sie hier geboren sei und schon immer hier gelebt habe, aber das es leider immer weniger Arbeit gebe und die Jungen nun in die Ölfelder im Süden und Westen von Texas ziehen, um dort ihr Auskommen zu finden. Angie ist eine lokale Berühmtheit, denn sie hat es mit ihrer prima Chillisauce sogar zu einem Artikel im berühmten Magazin „National Geografic“ geschafft. Das mussten wir natürlich probieren und auch ihre Burittos haben prima geschmeckt.
Auf unserer Fahrt auf der „20“ ging es immer geradeaus. Kaum Verkehr und etwas Gegenwind. Wir nahmen es gelassen. Schon bald kam ein wichtiger Augenblick: Kilometer 4000 war geschafft!!!
Ich habe heute Abend mal auf Google Maps nachgeschaut. Von Tomsö im Norden Norwegens ist es bis Rom 4123 Kilometer. Unglaublich, diese Strecke nun schon auf dem Rad geschafft zu haben. Bis zum Ziel San Diego sind es noch gut 1200 Kilometer, also in etwa die Strecke Zürich bis Lecce in Süditalien. Auch die werde ich noch schaffen, wenn ich mit dem Wetter, der Gesundheit und den Autofahrern weiterhin soviel Glück habe.
Links und rechts der Strasse war die Baumwollernte in vollem Gange. Die Felder werden mit einem Kanalsystem bewässert, wozu auch grosse Wasserreservoirs gehören. Ohne diese künstliche Bewässerung würde im heissen Sommer hier wohl kaum etwas wachsen. Auch Baumplantagen mit Pecannüssen sind hier viele zu sehen. Die kostbaren Nüsse werden aber gut geschützt und es ist streng verboten, die Nüsse auch nur vom Boden aufzulesen.
Plötzlich sahen wir in der Ferne zwei Wanderer auf uns zukommen. Wir hielten an und plauderten etwas mit ihnen. Es war Joshua und seine Mutter, die gemeinsam zu Fuss unterwegs sind. Sie wollen nach Galvestone Texas, wo ich vor gut 3 Wochen war und dann weiter nach Key West: zu Fuss!!!
Die beiden sind nun schon fünf Monate gemeinsam unterwegs und sie schlafen in ihrem Zelt oft im „Nirgendwo“. Die Mutter von Joshua ist schon seit 2011 auf Wanderschaft, unglaublich. Wer Facebooke hat, etwas englisch versteht und an dieser Reise interessiert ist kann diese verfolgen. Gebt einfach „Crannberry Joshua Paul Hager“ ein und ihr werdet ihn finden.
Kyle und ich waren von den beiden beeindruckt. Dieser Mut, diese Ausdauer und diese Zuversicht die eine solche Reise braucht ist einfach bewundernswert. Ich wünsche den beiden von Herzen eine sichere Reise!
Etwas später trafen wir noch ein junges Paar auf der Strasse mit einem Hund an der Leine. Beide auch mit Rucksack und offensichtlich auf „Tour“. Sie waren gerade auf einem Güterzug erwischt worden, mit dem sie seit gestern von Kalifornien Richtung Osten unterwegs waren. Man hat sie dann kurzerhand auf die Strasse gestellt und sie fragten uns nach dem besten Weg zu einem Geschäft, wo sie etwas zu Essen kaufen könnten. Sie waren in die falsche Richtung unterwegs und wir konnten ihnen den Weg zum nächsten Shop beschreiben, der nur einen Kilometer entfernt war. Offensichtlich war also heute ein „Wandertag“.
Im kleinen Nest Fabes hatten wir das Gefühl nicht mehr wirklich in den USA unterwegs zu sein. Irgend ein Ort in Zentralamerika hätte besser zur Szenerie gepasst und Kyle, mein Reisepartner und Rechtsanwalt aus der Ostküste, war einmal mehr erstaunt, wieviel Armut es in seinem Land gebe. „Weisst du, ich bin so froh diese Reise zu machen und all das zu sehen, denn zu Hause hat man vom Ausmass der Armut in unserem Land keine Ahnung.“ Ich denke, es würde vielen gut tun, die USA einmal aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Es ist eben nicht immer alles „Hollywood“.
Die Fahrt hinein nach El Paso auf der „76“ verlief dann sehr ruhig und es hatte sogar meist einen guten Seitenstreifen für Radfahrer. Wenn wir Morgen ebenso stressfrei die Stadt Richtung Las Cruzes verlassen können, sind wir sehr zufrieden. Warten wir ab.
Hallo Fredy! Gratuliere zum 4000. Kilometer! Man hat das Gefühl, Du bist so richtig im Schwung, was die Reise anbelangt. Spannend die vielen Begegnungen mit ebenso aussergewöhnlichen Menschen auf Deinem Weg. Die Fotos in der Wüste haben mich ebenso begeistert wie Dich. Ich beneide Dich um die Gelegenheit zum fötele. Es packt mich einmal mehr das Reisefieber. So haben wir in der Familie letzte Woche beschlossen, nächstes Jahr wieder Camper-Ferien in USA zu machen. Ich kanns kaum erwarten, bis es los geht. Vielleicht entdecke ich nicht soviele Blickwinkel wie Du, aber ein Fotoalbum wird bestimmt wieder entstehen.
Ausserdem finde ich es toll, dass Du einen Reisegefährten gefunden hast. So ist die Reise bestimmt noch kurzweiliger. Er scheint mir ein sympatischer Mensch zu sein. Ich lass ihn jedenfalls grüssen.
Nun freue ich mich auf Deine weiteren Einträge und wünsche Dir/Euch weiterhin gute Fahrt!
Liebe Gruess
Patricia