Tag 24: (06.11.14) Bay St. Louis – New Orleans

Distanz: 122.5 km / Gesamt: 1981,5 km / Fahrzeit: 7 Std. 32 Min. / Durchschnitt 16.29 km/h

Morgens 22, Nachmittags 28 Grad, Wind aus Nord – Osten, zum Teil böig. hohe Luftfeuchtigkeit

New Orleans erreicht!

Heute stand also noch Barbara’s Abschlussetappe auf dem Programm. Das diese dann nochmals alle Register zog, hätten wir am Morgen noch nicht gedacht. Gut gelaunt machten wir uns schon um halb acht auf die Räder. Da wir knapp 100 km vor uns hatten, mussten wir rechtzeitig losfahren. Im Moment wird es hier so um halb sechs Uhr dunkel, und dann wollten wir nicht noch in New Orleans unterwegs sein. Wir wussten das die Fahrt in die Stadt nicht ganz so einfach sein würde.
Zudem war klar, das diese Etappe in Sachen Verpflegung so geplant werden muss, wie eine Wanderung in den „bündner Alpen“. Man muss immer davon ausgehen, das die Restaurants und Läden geschlossen haben oder weit und breit keine vorhanden sind und man so alles für den Tagesbedarf dabei haben muss.

Zum Mittagessen einen "Dreigänger": Sandwich mit Huhn, Thon und Schinken "Kunststoffkäse"

Zum Mittagessen ein „Dreigänger“: Ein Sandwich mit Huhn, eines mit Thon und eines mit Schinken „Kunststoffkäse“

Wir fuhren dem Strand entlang los und hielten uns an die aus anderen Blog’s bekommen Tipps.
In dieser Gegend wird einem immer wieder bewusst, dass die Menschen hier dauernd mit der Gefahr eines Hurrikans rechnen müssen. Trotzdem wundern wir uns über die teilweise leichten Holzkonstruktionen, mit denen hier den Kräften der Natur getrotzt werden soll.

Schaut nicht wirklich hurrikansicher aus.

Schaut nicht wirklich hurrikansicher aus.

Ob dieses Bauform dem  nächsten Wirbelsturm tretzten kann?

Ob diese Bauform dem nächsten Wirbelsturm wiederstehen kann?

Auf ruhigen Nebenstrassen durchquerten wir so eine weite Sumpflandschaft. An der Strasse fast immer ein Wasserlauf, Hecken, Wald und zwischendrin Wassertümpel. Einmal konnte ich gerade einer Schildkröte zuschauen, die sich im Gras sonnte und bei unserem Näherkommen rasch im Wasser untertauchte.

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Mississippi und Louisiana sind hier von vielen Flüssen und Sümpfen durchzogen…

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Viele Häuser stehen einsam in einer kleinen Lichtung hinter Bäumen. Die nächsten Nachbarn sind meist ausser Sichtweite. Die Häuser selber sehen oft sehr einfach aus. Wenn ich mir vorstelle, wie man sich in einer dunklen Nacht an einem so abgelegenen Ort fühlen muss, kann ich mir plötzlich vorstellen, dass auch ich gerne eine geladene „Winchester“ an der Wand hätte. Auf jeden Fall wäre diese „ländlich, ruhige Wohnlage“ nichts für mich.
Ansonsten verlief die Fahrt recht ereignislos und die Kilometer bis zur Grenze nach Louisiana, irgendwo im Niemandsland nach einer Brücke,  konnten wir recht zügig hinter uns bringen.

Tatsächlich, wir stehen an der Grenze zu Louisiana!

Tatsächlich, wir stehen an der Grenze zu Louisiana!

Bereits um 12.15 Uhr hatten wir 60 km geschafft. Noch 40 bis ins Ziel, da würden wir noch vor 4 Uhr im Motel eintreffen.

Das ländliche Gebiet liegt hinter uns.

Das ländliche Gebiet liegt hinter uns.

Es sollte anders kommen. Je näher wir New Orleans kamen, desto öfter schaute ich auf’s Navi. Wir wollten einfach einen guten und sicheren Weg in diese Stadt finden, von der viele Blogschreiber raten, man soll sie velomässig am besten „links liegen lassen“. Wir haben es nicht getan, unter anderem auch weil Barbara ab hier am Samstag nach Hause fliegt. Nach der heutigen Erfahrung können wir dem Rat aber nur zustimmen: Lasst die Finger von New Orleans, wenn ihr mit dem Velo unterwegs seid!
Es würde zu weit führen alles im Detail zu erklären, nur soviel: Wir haben uns sowohl in Sachen Strassenbelag als auch in puncto Fahrzeuge oft an jenen  Teil unserer Hochzeitsreise zurückgesetzt gefühlt, als wir im rauen Belutschistan (Pakistan) unterwegs waren. Schlaglöcher, aufgerissene Strassen, kilometerlange Abfalldeponien usw. Sicher, vieles sind noch immer Zeugnisse aus der Zeit der Zerstörung durch den Hurrikan Kathrina im Jahr 2005, trotzdem haben uns diese Strassenverhältnisse und die wenigen Zugänge zur Stadt zu schaffen gemacht. Wir haben uns versucht mit dem Navi den besten Weg zur Unterkunft zu suchen, leider zeigt aber auch „Google Earth“ manchmal nur die halbe Wahrheit. So mussten wir zum Beispiel einmal umkehren, weil die Brücke über die wir fahren sollten, für Velos schlicht zu gefährlich war und schon waren wieder 15 Zusatzkilometer auf dem Tacho.

So etwas war uns schlicht zu gefährlich. Also wieder umkehren. (es gibt wieder Zusatzmeilen für Kokou, wenigstens das.)

So etwas war uns zu gefährlich. Also wieder umkehren. (Das gibt wenigstens Zusatzmeilen für Kokou)

Irgendwie, nachdem wir die Räder bei gewissen Brücken auch geschoben haben, haben wir es dann zur Fähranlegestelle am Mississippi bei der Canal Street geschafft. Unser Motel liegt auf der anderen Seite des Flusses in Algiers und wir müssen vom „French Quarter“ mit einer alten, engen und nicht „liegeradtauglichern“ Fähre übersetzen.
Wir waren , von der langen Fahrt, dem vielen Verkehr und den Umwegen nach mehr als 7 Stunden auf dem Rad, schon ziemlich müde. Da treffen wir zum ersten mal auf wenig hilfsbereite und eher mürrische Amis, die für die Fähre arbeiten. „Nein ihr könnt die Räder hier nicht einladen, sondern müssten um das Gebäude und die Rampe nehmen.“ Also alles wieder zurück, die beladenen Räder wieder Treppen hinunter tragen und den Weg zur Rampe suchen. Bis wir das geschafft hatten, legte die Fähre gerade ab. Also noch einmal 30 Minuten warten. Wir waren schlicht sauer und konnten nicht verstehen, warum wir nicht den anderen Zugang nehmen konnten. Aber so sind die Angestellten nun mal gedrillt und dann gibt es keine Ausnahmen. Punkt!

Schade, nach so vielen freundlichen und hilfsbereiten Begegnungen setzte die Fährcrew auf Barbara’s letzten Metern einen negativen Schlusspunkt. Es war bereits dunkel als wir uns den Weg durch die nur sehr spärlich beleuchteten Strassen zum Motel suchten und dieses müde, aber glücklich es doch gesund geschafft zu haben, erreichten. Zum Glück konnte ich in der Nähe noch etwas zu essen auftreiben, denn heute haben wir mangels Möglichkeiten und später wegen Zeitdruck sehr spartanisch gelebt.
Morgen heisst es dann, Barbara’s Rückflug vorzubereiten, zu packen und das Velo flugbereit zu machen. Aber vorher einfach noch etwas ausruhen, nach einer letzten, gemeinsamen Etappe!
Nach 1981.5 km in 21 Fahrtagen haben wir per Rad das Motel in New Orleans, das bereits vor Monaten gebucht wurde, punktgenau und gesund erreicht. Ehrlich, ich hatte meine Zweifel ob das mit dem Startpunkt Key West bis New Orleans in dieser Zeit und ohne Radtourenerfahrung wirklich klappt.
Barbara, du hast mich mächtig überrascht. DANKE das du mich auf diesem Weg begleitet hast!!! Ich werde dich im Rückspiegel vermissen!!!

2 Kommentare

  1. Erstes grosses Ziel erreicht, chappeau euch beiden!
    Wir wünschen Barbara eine gute Heimreise und Fredy eine sichere, interessante und plattenfreie Weiterreise!

    Freuen uns auf die weiteren Berichte! 😀

    En liebe Gruess
    Marco & Co.

  2. Lieber Fredy, wer hätte das gedacht. Zu Beginn unserer Reise war meine grösste Sorge allein nach Hause zu fliegen. Nun war das überhaupt kein Problem, aber von dir Abschied zu nehmen und dich alleine weiterpedalen zu lassen war viel schwieriger. Am liebsten hätte ich dich bis nach San Diego begleitet. Ich wünsche dir nochmals eine sichere Weiterreise, dass du glücklich dein grosses Ziel erreichen kannst. Ab sofort gehöre ich zu deinen treuen Blogleser_innen, die täglich gespannt verfolgen wie es dir geht. Deine Windschattenfahrerin vom A-Zug.

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