Distanz: 94.25 km / Gesamt: 734.8 km / Fahrzeit: 5 Std. 33 Min. / Durchschnitt 16.9 km/h
sonnig, 30 Grad, Nachmittags böiger Gegenwind, gps-Track
Der Navigator entschuldigt sich.
Da habe ich gestern Abend Barbara bei der Routenplanung für heute eine etwas kürzere Etappe versprochen und nun stehen schon wieder über 94 km auf dem Tacho. Es ist mir noch immer ein Rätsel wie es zu dieser Fehleinschätzung kam und so etwas sollte einem ausgebildeten Skipper doch nicht passieren! In der Annahme, dass wir heute nur etwa 60 km. fahren würden, gönnten wir uns etwas längeren Schlaff. Das war auch gut so, denn an eine Abfahrt um 07.30 Uhr wie in den letzen Tagen war nicht zu denken. Dichter Nebel hatte sich über unsere Gegend gelegt und im Wetterbericht der TV- Morgenshow, die jeweils im Frühstücksraum ausgestrahlt wird, wurde den Autofahrern vorsichtiges Fahren und genügen Abstand ans Herz gelegt. Wir verzichteten darauf auf der Strasse die Einhaltung dieser Empfehlung zu überprüfen, denn nach dem gestrigen Tag wünschten wir uns einfach eine etwas entspanntere Fahrt.
So warteten wir bis die Sonne den Nebel verbrannt hatte und machten uns um viertel nach neun, bei strahlendem Sonnenschein, auf die Reise. Zuerst direkt nach Westen.
Die Landschaft veränderte sich gegenüber den letzten Tagen dramatisch. Bald war links und rechts der Strasse viel Grün, Wassertümpel, kleine Flussläufe, Sumpfgebiet. Wir erwarteten jeden Augenblick, einen Alligator neben der Strasse zu entdecken, leider aber ohne Erfolg.
Dafür hatten wir heute einige Begegnungen mit Tieren, auf die wir gerne verzichtet hätten. Sie kündigten sich jeweils schon im voraus am Geruch an. Tote, überfahrene Tiere aller Art. Gürteltiere, Vögel, ein Waschbär, eine Katze und sogar eine Schildkröte. Sie alle wurden Opfer dieser Raserei durch ein lebendiges Ökosystem. Kein Zaun schützt die Tiere vor dem Verkehr und das macht schon nachdenklich.
Bald bemerkte Barbara, dass sie heute weniger schwitzte als üblich, jedoch gleich viel getrunken hatte wie immer und somit die Zeit für einen Toilettenbesuch gekommen war. Das traf sich gut, fuhren wir doch gerade im Ort „Christmas“ ein.
In einem Ort mit diesem Namen mussten sicher viele hilfsbereite Menschen wohnen. Wir fuhren also beim lokalen Campingplatz vor und Barbara fragte, ob sie die Toilette benutzen dürfte. Die Antwort kam uns vor wie in der Weihnachtsgeschichte von Maria und Josef. Trotz grösster „Not“ wurden wir abgewiesen. „No, just for guests“ sagte die Dame. Upps, das kam uns aber gar nicht „weihnachtlich“ vor. Wir fanden zu Glück bald darauf eine Tankstelle und die Sache nahm ein gutes Ende.
In Christmas sind wir dann nach Norden abgebogen und haben beim „Christmas Fort State Park“ einen kurzen Besuch gemacht. Dort war ein altes Fort aus der Zeit um 1830 nachgebaut und mit anderen Gebäuden in einem Park mit wunderbaren, alten und mit viel „spanisch Moos“ behangen Bäumen platziert worden. Fast ein kleines „Ballenberg“. Wir bestaunten die schönen Bäume, gingen etwas umher und füllten unsere Energiespeicher mit einem zweiten Frühstück.
Vor der Abfahrt noch ein Blick auf die Routenplanung im Handy und die ernüchternde Erkenntnis, dass es bis zum Ziel nicht wie gedacht noch 40, sondern gut 70 km sein werden. Naja, das liess sich nun auch nicht mehr ändern und wir traten wieder in die Pedale. Auf einer sehr idyllischen, fast verkehrsfreien Strasse ging es nach Norden. Immer wieder kleinere und grössere Ansammlungen von Häusern, viel etwas vernachlässigt waren oder auch zum Verkauf standen. Offenbar kämpfen die Leute in dieser Gegend mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In solchen Situationen kann ja die Kirche Trost spenden, und das tut sie hier fast schon „inflationär“. Auf geschätzte 10 Häuser kam eine christliche Kirche, jede mit ihrem eigenen „Werbeslogan“. Eine bot am Sonntag „Gottesdienst – Essen – Spiel und Spass“ an, eine andere hatte das absolute Hammerangebot im Programm: „free ticket to have“ stand auf dem Schild und das man sich dafür nur bei ihnen einschreiben müsse. Wir verzichteten im Moment auf dieses Angebot, denn wir sind schon froh, wenn sich die Schutzengel hier auf der Erde um uns kümmern, ein Gratisticket in den Himmel erschien uns noch etwas zu früh.
Für die Schutzengel gab es am Nachmittag in einem Baustellenbereich dann nochmals etwas Arbeit, aber zum Glück fanden wir bald einen „Betonplattenweg“, der kilometerlang neben der Hauptstrasse verlief und auf dem wir zwar nicht so schnell, aber sicher dem Ziel entgegen fahren konnten.
Die letzten 10 km haben mich dann auch noch „Lügen gestrafft“. Ich hatte Barbara zu Hause vor der Reise in fester Überzeugung versprochen, dass es auf dem Weg von Key West bis New Orleans nur auf den Brücken Steigungen gebe, sonst sei alles flach. Seit heute weiss ich, das es im zentralen Florida auch kleine Hügel gibt. Zwar kein Vergleich mit dem Tösstal, aber wenn man schon 80 kam mit Gepäck in den Beinen hat, wird jede kleine Steigung zum Berg.

Ok, Schnee können wir uns nur schlecht vorstellen, aber „Hill“? Zumindest für müde Radler geht das in Ordnung.
Da Ganze noch mit schönem Gegenwind garniert und dann wird der Moment, wo man bei der Motelrezeption die Bremsen zieht und die Pferdchen abgesattelt werden doppelt schön.
Fazit: Ich habe Barbara mit falschen Distanzangaben (ungewollt) auf eine kurze Tour eingestellt und ihr am Schluss noch überraschenderweise Hügel serviert: Sorry, war nicht meine Absicht.
Und was hat sie gemacht? Kein Murren, kein Klagen sondern mit der stoischen Ruhe einer Langstreckenradlerin die Kilometer in die Pedalen gedrückt. Danke und Bravo, der Ruhetag morgen ist mehr als verdient!
Übernachtung: Days Inn Orange City Deland
…Orange City ist eine Stadt in Volusia County im US-Bundesstaat Florida mit 10.599 Einwohnern (Stand: 2010)
Gemäß der Volkszählung 2010 verteilten sich die damaligen 10.599 Einwohner auf 5.917 Haushalte. Die Bevölkerungsdichte lag bei 666,6 Einw./km². 85,7 % der Bevölkerung waren Weiße, 6,5 % Afroamerikaner, 0,4 % Ureinwohner und 1,5 % Asian Americans. 3,6 % waren Angehörige anderer Ethnien und 2,2 % verschiedener Ethnien. 16,9 % der Bevölkerung bestand aus Hispanics oder Latinos…
und 2 Schweizern Barbara und Fredi (Stand 23.Oktober 2014) Ergänzend zu dem Wikipediaeintrag.
…heute habe ich es endlich geschafft eure Reiseeinträge zu lesen, damit ich à jour bin.
Schön gehts euch beiden gut ! und seid ihr gemeinsam unterwegs…die tollen Bilder und die Beschreibung was ihr alles seht, erlebt, wie ihr schwitzt und pedalt, badet und eure Energiereserven kalorientechnisch wieder auffüllen müsst, lässt mich hier auf dem Sofa an der Wärme sitzend (dank Heizung) und euren/deinen Blog lesend ganz schön alt aussehen.
„No hay camino. se hace camino andando.“ oder sinngemäss Der Weg entsteht indem man ihn geht bzw. pedalt…so wünsche ich euch weiterhin gute Fahrt…
herzlichst Katja
Der Liegeradblogg hat ein erhebliches Suchtpotential….spannend und unterhaltend geschrieben, mit einem guten Einblick in das tägliche Leben der Leute und Sitten und Gebräuche im „Land der unbegrenzten Freiheit“, illustriert mit tollen Fotos, bei denen man oft staunt wie sie teilweise während dem Fahren geschossen werden dank neuster GoPro-Technik. Ich wünsche weiterhin eine gute Fahrt und viele schöne Erlebnisse!
Gruss Georg