Florida Tag 11 – 20

Tag 20: (02.11.14) Fort Walton Beach – Pensacola

Distanz: 84 km / Gesamt: 1584.65 km / Fahrzeit: 5 Std. 03 Min. / Durchschnitt 16.57 km/h

Morgens 11, Nachmittags 20 Grad, Wind im Verlauf des Tages nachlassend, schräg von vorn  GPS Track wie von uns gefahren    /  GPS Track empfohlene Variante

just miles

Heute startete der Tag wieder kalt und windig. Aber wir freuten uns auf eine lange Fahrt durch schneeweisse Sanddünen auf „Santa Rosa Island“. Zumindestens „Google Maps“ hatte uns diesen Weg vorgeschlagen.
Doch schon nach 4 Kilometern kam die Ernüchterung. Eine Warntafel, ein Gitterzaun und ein Wachhäuschen machten klar, das dieser Teil der Dünen für andere reserviert war. Nein hier besteht keine Gefahr, das deutsche Pauschaltouristen mit dem Strandtuch schon am Morgen alle guten Plätze besetzten, hier wird schweres Geschütz aufgefahren! Das ganze Gebiet wird von der „US Air Force“ beansprucht. Hier werden die Jungs offenbar auf Einsätze im Sand trainiert und dabei soll keiner zuschauen. Für uns bedeute das, wieder 4 Kilometer zurück und auf dem Highway 98 Richtung Pensacola. Nicht wirklich schön auf dieser Strasse, aber zumindest teilweise war ein Seitenstreifen vorhanden. Also etwas Sicherheit. Hier rasen die Autos mit 65 Meilen, also knapp 120 km/h (und oft schneller) an uns vorbei. Zum Glück war heute Sonntag und so war der Verkehr gegenüber der Woche doch weniger stark und vor allem waren kaum grosse Lastwagen unterwegs. Wer also eine Velotour in den USA plant, tut gut daran Samstage und Sonntage wenn immer möglich als „Fahr-“ und nicht als „Ruhetage“ zu planen.

Hallo Anja: Auf der eintönigen Fahrt auf dem Hwy 98 ist uns das aufgefallen: Liäbi Grüäss a Wohngruppä Andorra i dä EPI.

Hallo Anja: Auf der eintönigen Fahrt auf dem Hwy 98 ist uns das aufgefallen: Liäbi Grüäss ad Wohngruppä „Andorra“ i dä EPI.

Was uns in den letzten Wochen auch aufgefallen ist sind endlose Baustellen. Sie beginnen mit einer Tafel „road work ahead“, dann folgen oft grosse orange Pilonen, welche die Fahrbahn verengen, meist auf der Seite der Rad- und Pannenstreifen, dann eine Hinweistafel dass bei Anwesenheit der Bauarbeiter die Geschwindikeitsbussen doppelt so hoch ausfallen wie sonst und dann folgt Kilometerweit nichts! Kein Arbeiter, keine Baumaschine, nur halb aufgerissene Strassen. So auch heute. Mehr als 10 Kilometer fuhren wir an einer Baustelle entlang. Oft war der Seitenstreifen aufgeraut und mit unseren beladenen Fahrrädern kaum fahrbar. Wenn wir Glück hatten, war rechts noch ein Teil der Oberfläche intakt und wir hatten 40 bis 50 cm akzeptable Fahrbahn, aber leider nicht immer.

Da sind wir ja schn mal zufrieden. Oft war alles aufgeraut = unfahrbar!

Da sind wir ja schon mal zufrieden. Oft war alles aufgeraut = unfahrbar!

So war die Fahrt nicht sonderlich attraktiv und wir planten in Navarre über die Brücke auf den vorgelagerten Küstenstreifen zu fahren. Doch die Fahrbahn war einspurig, eng und erschien uns in Sachen Verkehr zu unsicher. Auf dem sehr schmalen Fussgängerweg kamen wir mit unseren Rädern auch nicht durch: zu eng!

Kein Platz für unsere Räder!

Kein Platz für unsere Räder! Hier hätten wir die Fahrbahn nehmen sollen um auf den Gulf Island National Seashore zu gelangen. Das haben wir leider verpasst. Danach kam keine Brücke mehr 😦 

Wir hatten den Eindruck, dass je wohlhabender eine Region war, desto schlechter war die Infrastruktur für Fahrradfahrer. Was wir seit Panama City bis hier an der Esmeralda Coast gesehen hatten, war bis jetzt der absolute Tiefpunkt in Sachen Fahrradstreifen oder fahrbaren Trottoirs.
Die Gegend rühmt sich zwar mit den schönen weissen Sandstränden und den vielen teuren Hotels als Top Feriendestination, aber ist offensichtlich nur für den Autofahrer gedacht.

Entlang der "Esmeralda Coast"

Entlang der „Esmeralda Coast“

Also blieben wir auf dem Hyw 98 und machten kurz vor der grossen Brücke, die uns nach Pensacola bringen würde, eine späte Mittagspause. Im Restaurant noch schnell ins Internet, eine Unterkunft für heute Abend gebucht, die letzten warmen Sachen ausgezogen da es nun angenehm warm wurde und so konnten wir die letzten Kilometer in sommerlichem Outfit entspannt zurücklegen. Die Brücke über die Pensacola Bay hatte zum Glück einen breiten Seitenstreifen auf dem wir sicher die lange Überfahrt machen konnten.

Bereit zur Überfahrt?

Bereit zur Überfahrt?

Der Schattenfahrer auf der Brücke.

Der Schattenfahrer auf der Brücke.

Die Tafel am Brückengeländer irritierte uns ein wenig: Wie sollten wir hier weiterkommen, falls wir einen Platten einfangen würden und das Flicken auf der Brücke offensichtlich unter Androhung von Busse nicht erlaubt war? Zum Glück hatten wir ja gestern das „Pannenkontingent“ schon ausgeschöpft und blieben heute davon verschont.

Was wäre wenn ....?

Was wäre wenn ….?

Die Fahrt durch die Altstadt von Pensacola brachte für uns eine angenehme Überraschung. Viele alte, sehr liebevoll gepflegte Häuser. Dazu perfektes Sonnenlicht, so dass alles in einem speziellen Glanz erschien. Die Stadt soll gemäss Wikipedia bereits 1559 gegründet worden sein und ist somit die erste Siedlung von Europäern auf dem Gebiet der heutigen USA.
Da wir das Hotel nur wenige Kilometer westlich der Altstadt gebucht hatten, konnten wir uns trotz tief stehender Sonne, wir haben ja seit heute auch Winterzeit, etwas Zeit für eine kleine Rundfahrt durch den „Historic District“ mit den Rädern nehmen. (Hier ein paar Bilder)

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Wir haben in Pensacola noch ein neues Strassenschild kennen gelernt.

Wir haben in Pensacola noch ein neues Strassenschild kennen gelernt.

Morgen wird dann ein „Schlüsseltag“, denn wir müssten bis um 5 Uhr die letzte Fähre von „Fort Morgan“ nach „Dauphin Island“ erreichen und zudem muss die Fähre auch noch fahren. Diese Fähre wird leider oft eingestellt, sei es wegen technischer Probleme oder wegen stärkeren Winden. Hoffen wir also das Morgen alles klappt. Sollte das aus irgend einem Grund nicht gehen, können wir New Orleans im geplanten Zeitraum nicht mehr erreichen und müssten die letzte Strecke per Mietwagen zurücklegen. Also drückt uns die Daumen und ich hoffe, dass ich euch morgen, Internetzugang vorausgesetzt, von unserer erfolgreichen Ankunft in „Dauphin Island“ berichten kann.
Euch allen einen guten Start in die neue Woche.

Fazit: Zuerst die Arbeit (Hyw98) und dann das Vergnügen (Altstadt Pensacola)

Übernachtung: Suburban Extendet Stay, Pensacola

Tag 19: (01.11.14) Panama City Beach – Fort Walton Beach

Distanz: 84 km / Gesamt: 1500.65 km / Fahrzeit: 5 Std. 31 Min. / Durchschnitt 15.17 km/h

Ganzer Tag kalt (Morgen 9, Nachmittag 16 Grad, ), böiger Gegenwind mit 40 in Böen 60 km/h  GPS-Track

Gegenwind

Der heutige Tag lässt sich kurz in einem Wort zusammenfassen: Gegenwind.

– Tatsächlich viel Wind genau aus der Richtung, in die wir wollten
– Temperatursturz am Morgen nur 9 Grad (mit dem Wind fühlte es sich eher wie 3 Grad an)
– Heute hat uns der Pannenteufel eine Lektion erteilt.

Bereit den "Kampf" gegen Kälte und Wind aufzunehmen.

Bereit den „Kampf“ gegen Kälte und Wind aufzunehmen.

Wir sind heute extra früh aufgestanden, denn wir wussten aus dem Wetterbericht, nicht nur die Teilnehmer des IRONMAN Wettkampfs in Panama City Beach, sondern auch wir mussten uns auf sehr unangenehme Wetterverhältnisse einstellen. Schon die Kleiderauswahl erwies sich als nicht ganz einfach. Nach diversen Versuchen standen wir um 8 Uhr in der Montur „kurze Winterausfahrt an einem kühlen aber schönen Januartag“, startbereit vor dem Hotel.
Nun einfach alles ruhig angehen, Tritt für Tritt und sich mit dem Gegenwind langsam einpendeln. Der Start gelang gut und wir waren froh eine Trittkadenz gefunden zu haben, die uns nicht zu sehr anstrengte und trotzdem gegen den Wind 15 -17 km/h möglich machte. So fuhren wir auf der „98“ Richtung Westen. Kurz vor dem zweiten Stop entdeckten wir das Schild „Eden Garden State Park“. Das tönte für uns gut, konnten wir doch damit rechnen, zu mindestens eine warme Toilette und evtl. sogar einen kleinen Besucherraum zu finden, in dem wir uns aufwärmen konnten. Bei solchen Temperaturen unterwegs zu sein, empfinde ich als sehr anstrengend. Das grösste Problem für mich ist jedoch, dass ich trotz kalten Temperaturen durch die Anstrengung ins Schwitzen kommen, dadurch die Leibchen am Oberkörper feucht werden, was wiederum ein unangenehmes Kältegefühl auslöst.

In der Hoffnung uns aufwärmen zu können, haben wir am Parkeingang 4 Dollar Eintritt bezahlt.
Naja, so richtig toll war das dann nicht. Im Garten stand ein schönes Haus, draussen Bäume mit „spanisch Moos“ und viel Schatten im Park.

Haus im "Eden Garden SP"

Haus im „Eden Garden SP“

Nach einem kurzen Rundgang und Toilettenbesuch hatten wir genug gesehen und waren froh auf der „98“ zumindest nicht im Schatten fahren zu müssen.
Mittagspause legten wir in einem originellen Restaurant mit dem Namen „the caf“ ein. Wir genossen die besondere Atmosphäre und für einen Moment hatten wir fast das Gefühl, in Mexiko zu sein.

In Mexiko?

In Mexiko?

Frisch gestärkt ging es wieder auf die Strasse. Langsam hatte auch die Sonne ihre Kraft entfaltet und wir konnten immerhin gut 15 Grad messen.
Bald erreichten wir Destin. Ein hübsch herausgeputzter Ort, aber irgendwie unwirklich, nach all den vielen auch armen Gebieten die wir in den vergangenen Tagen gesehen hatten. Hier sah alles perfekt aus und zumindest die Fassaden machte einen tadellosen Eindruck.
Das ganze Gebiet das wir durchquerten schien erst einige Jahre alt zu sein. Da und dort wurde noch gebaut und die ermöglichte einen guten Einblick in die auch heute noch übliche „einfache Spanplattenbauweise“ mit der selbst im Jahr 2014 hier noch Häuser gebaut werden. Einfache Holzständerkonstruktionen, als Wände Pressholzplatten, darüber eine Plastikfolie als Schutz und zum Schluss einen schönen Putz aufgetragen. Fertig ist die (Alb-) Traumvilla. Wir wollen uns lieber nicht vorstellen, wie dieses Gebiet in 30-40 Jahren aussehen wird. „Minergie“ oder ähnliches ist hier mehr als nur ein Fremdwort.

Villen in allen Stielrichtungen

Villen in allen Stilrichtungen

Aber nur für "Auserwählte"

Aber nur für „Auserwählte“

Ohne Verputz ist die Bauweise sichtbar.

Ohne Verputz ist die Bauweise sichtbar.

Diese Parzelle ist noch zu haben. Intressenten können sich melden. Gegen Provision werden wir vermitteln. :-)

Diese Parzelle ist noch zu haben. Intressenten können sich melden. Gegen Provision werden wir vermitteln. 🙂

Auch dies kann gefallen.

Auch dies kann gefallen.

Eigentlich waren wir mit unserem Vorwärtskommen ganz zufrieden und als wir in Destin die Brücke hinüber nach Fort Walton befuhren, freuten wir uns schon auf einen frühen Feierabend. Als ich nach der Brücke einen Blick in den Rückspiegel machte, war sofort klar,dass Barbara ein Problem hatte. Tatsächlich, ihr Hinterreifen war PLATT! So ein Ärger! Bereits die ersten Pumpversuche machten klar, hier würde der grüne Superslime nicht mehr helfen. Also Rad ausgebaute und den Reifen inspiziert. Tatsächlich, wieder so ein kleiner Metallspiess wie ich ihn vor einigen Tagen auch mal hatte. Pinzette hervorgeholt, Übeltäter empfernt, neuen Schlauch eingesetzt, Rad wieder montiert und Gepäck aufgeladen. Während dem Gepäckladen stopte ein Auto bei uns am Strassenrand. „Wie gehts euch? Habt ihr Probleme?“ fragte ein freundlicher Mann um die 30. „Nein, danke, es ist alles ok. Wir haben soeben einen Platten geflickt und fahren jetzt weiter“ antworteten wir. „Na dann ist ja gut“ sagte er, „ich hab euch gesehen und wollte nur nachschauen, ob alles ok ist. Eine gute Fahrt!“ Er stieg ins Auto und fuhr in die Gegenrichtung davon. Der muss uns also auf der gegenüberliegenden Strassenseite gesehen haben, ist mangels Wendepunkt über die Brücke gefahren, hat dort irgendwo gewendet nur um zu uns zurückzukommen und seine Hilfe anzubieten. Solche Erlebnisse freuen uns immer wieder und wir frage uns, wie würden denn wir zu Hause reagieren? Thank’s für diese netten Gesten.

Auf der Brücke im Wind. (kurz danach der erste Platten)

Auf der Brücke im Wind. (kurz danach der erste Platten): Fahnen sagen mehr als Worte!

Nur noch 6 km. bis zum Hotel. Da kommt Freude auf! Trotz kaltem und zum Teil sehr heftigem Wind haben wir also das Ziel vor Augen. Nach nur 600 Meter Fahrt ruft Barbara hinter mir schon wieder „Hinterreifen ist platt“. Das gibt s doch nicht, fuhr es mir durch den Kopf. Also das Ganze nochmal! Wir hatten beide wirklich keine Lust mehr zumal wir an dieser Stelle dem kalten Wind schutzlos ausgeliefert waren. Es half nichts, wir musste dies Schlauch nochmals wechseln. Bevor der neue eingesetzt wurde, habe ich den Pneu nochmals sorgfältig nach möglichen Ursachen abgesucht. Tatsächlich, ich konnte nochmals eine kleines Metallstück spüren und mit der Pinzette entfernen. Wir nahmen also den letzten Schlauch aus unserem Vorrat und setzten diesen erfolgreich ein, so dass wir das Hotel nach einem anstrengenden Tag um halb sechs Uhr Abends erreichten.
Morgen gibts Programm nach Ansage. Es soll etwas weniger Wind haben und so hoffen wir, zumindest bis Pensacola zu kommen.

Fazit: Ein Supertag zum Kiten, Windsurfen, Segeln, aber Fahrradfahren? Wer kommt auf diese Idee?

Übernachtung: Best Western, Fort Walton Beach

Tag 18: (31.10.14) Ruhetag in Panama City Beach

sonnig aber stärkerer Wind aus Westen, am Nachmittag 21 Grad

meet the boss

Eigentlich gibt es von einem Ruhetag an der Beach nicht wirklich viel zu berichten. So auch bei uns. Es hiess ausschlafen, ausspannen, Wäsche machen, nächste Tage planen, Lesen, noch fehlende Blogberichte schreiben, am Strand windschattensuchen und sich dort hinlegen, im Pool etwas schwimmen, im Sprudelbad die Muskeln lockern und das war’s auch fast schon.

Aber nur fast. Heute haben sich die Routen von uns und meinem Bereichsleiter der mit seiner Frau per Wohnmobil die USA in West – Ost Richtung durchquert, gekreuzt. Vor einigen Monaten haben wir im Gespräch festgestellt, dass wir ja im Herbst 2014 zur gleichen Zeit in den USA unterwegs sind und fast entgegengesetzte Routen fahren. Folglich mussten sich diese Wege ja kreuzen und so haben wir uns unsere Reisefortschritte  gegenseitig mitgeteilt und konnten uns so heute treffen. Wir haben bei einem gemeinsamen Mittagessen eine gemütliche Zeit zusammen verbracht und wünschen an dieser Stelle Brigitte und Hans weiterhin eine gute Fahrt und noch schöne Tage in Florida. „was nice meeting you“

 

meet the boss

meet the boss at the beach

Tag 17: (30.10.14) Port st. Joe – Panama City Beach

Distanz: 92 km / Gesamt: 1416.65 km / Fahrzeit: 5 Std. 31 Min. / Durchschnitt 16.7 km/h

Morgen bedeckt und kalt (16 Grad, Bise), nachmittags 24 Grad, böiger Gegenwind
GPS-Track

cool down

Der Tag startete heute bereits mit einer für uns in letzter Zeit unwichtigen Frage: Was müssen wir anziehen um uns nicht wie auf einer „Spätherbstvelotour bei Ostwindlage im Schweizer Mittelland“ zu fühlen. Barbara machte da schon mal vieles richtig und setzte auf das „Zwiebelprinzip“, bei mir dauerte es etwas länger.
Es war sowieso kein gelungener Start in den neuen Tag. Für Barbara’s Geschmack bin ich heute zu spät aufgestanden, das Frühstück war mässig und als ich ihr nach exakter Ortsbestimmung unseres Hotels verkünden musste, dass es statt der vorausgesagten 78 km auch heute wieder 90 km werden würden, da sackte bei ihr die Stimmung und Motivation in den Keller.

Auf einer so langen und anstrengenden Reise gehören auch solche Momente dazu. Die körperlichen wie auch psychischen Anstrengungen fordern ab und zu eine Pause um die Batterien aufladen zu können. Aber dieser Tag ist erst morgen und so „müssen“ wir halt auch heute die Taschen wieder anschnallen, uns auf die Lieger setzen und losradeln. In solchen Momenten wissen wir beide, warum wir nie mit einem Tandem auf lange Reise gehen würden! So fährt jeder für sich, macht sich so seine Gedanken und die Schönheiten der Landschaft treten mal für einen Moment in den Hintergrund.

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Wir haben auf dieser Reise einen eigenen bestimmten Rhythmus für Toiletten-, Trink- und Dehnungspausen und dieser wird auch heute eingehalten. Beim ersten Stop musste ich tief in meine Satteltasche greifen und die warmen „Beinüberzieher“ sowie eine Jacke hervorholen, die ich eigentlich erst weiter im Westen für nötig erachtete. Aber im Moment zieht gerade eine Kaltluftfront bis tief in den Süden der USA und wird uns die nächsten drei Tage kühlere Temperaturen und vor allem auch kräftige Gegenwinde bescheren. Offenbar wollen die Wettergötter Barbara auf den letzten Tagen doch noch zeigen das hier nicht immer eitel Sonnenschein herrscht.

Wir kommen in "Touristengebiet". Restaurant in "Mexico Beach".

Wir kommen ins „Touristengebiet“. Restaurant in „Mexico Beach“.

Die Fahrt verlief soweit ganz gut, dem kühleren Wetter und der Stimmung sowie dem Wind mussten wir aber tempomässig Tribut zollen. Wieder durch lange Waldpartien und dann während 8 Meilen absolutes Fotografier- und Anhalteverbot. Wir fuhren entlang der „Tyndall Air Force Base“ und über uns kurvten und dröhnten verschiedene, zum Teil riesige Kampfjets auf ihren Trainingsrunden. (Nein dazu gibt es auch für die Aviatikfans keine Fotos. Wir wollten uns nicht mit den Jungs auf eine Diskussion über das Fotografierverbot einlassen. Vermutlich wurden wir als suspekte Radler sowieso auf dem ganzen Abschnitt mit Drohnen überwacht.)
Gegen Mittag war Panama City erreicht und wir wurden velofahrtechnisch nochmals richtig auf die Probe gestellt. Kein Seitenstreifen und eine zweispurige Strasse mit ziemlich rücksichtslosen Autofahrern. Das Trottoir, welches uns in solchen Fällen jeweils als „Notausgang“ zur Verfügung steht, war schlicht „unfahrbar“. Es bestand aus zerbrochenen, schief und krumm verlegten Betonplatten und mittendrin standen immer wieder Stromleitungsmasten oder Verkehrsschilder, so dass wir mit den Liegern zu breit waren. Also war nochmals volle Konzentration, selbstbewusstes Auftreten und Nervenstärke gefragt. Wir haben’s irgendwie geschafft und uns dann bei KFC am Lunchbuffet gestärkt. Mit dem Essen stieg die Stimmung und draussen machte die Sonne ihre Arbeit, so dass wir nach einem kühlen Morgen die wärmenden Sachen wieder ausziehen konnten. Dazu fanden wir auf dem Navi ganz in der Nähe einen „Fluchtweg“ von der Strasse 98 die hier wirklich kaum fahrbar ist. Über kleinere Seitenstrassen haben wir uns durch Panama City durchgearbeitet und kurz vor der grossen Brücke, die rüber nach Panama City Beach führt, meldet Barbara: „Platten hinten!“

Nebenstrasse in Panama City

Nebenstrasse in Panama City mit eigenem Seitenstreifen: Erholung pur nach Verkehrsstress

Also haben wir die Satteltaschen abgeladen, das Rad optisch kontrolliert aber nichts gefunden. Sie fuhr aber buchstäblich auf den Felgen. Sollen wir den Schlauch wechseln oder auf das grüne Wundermittel vertrauen, ob das Loch nach dem Aufpumpen wieder dicht wird? Wir setzten auf die zweite Variante und hatten Erfolg. Tatsächlich scheint der Schlauch wieder ok und wir schafften es ohne Probleme bis zum Hotel.

Die Luft nach steiler Brückenauffahrt bei Barbara zwar drausen aber der Hinterreifen hält dicht.

Die Luft nach steiler Brückenauffahrt bei Barbara zwar draussen aber der Hinterreifen hält dicht.

Bei der Einfahrt an der Hotelmeile stellten wir bald fest das dies hier einer dieser Retortenorte ist, wie sie überall auf der Welt an schönen Stränden hingestellt werden. Riesige Hotels, viele Restaurants und Souvenierläden, Fahrrad- und Mofavermietungen, Vergnügungsparks, schlicht Auswechselbarkeit.

Es gibt Tage, an denen steht einiges "Kopf"

Es gibt Tage, an denen steht einiges „Kopf“ (an der Einfahrt zur „Front Beach Road“)

Es offenbarte sich auch, woher unsere zusätzlichen 10 km in der Routenplanung kamen. Die Hotels an der „Beach Front Rd“ erstrecken sich auf mindestens 10 km. Wenn nun in der Grobplanung nur mal die Strasse als Ziel eingegeben wird, unser Hotel aber ganz am anderen Ende liegt, so kommen da halt einige Kilometer dazu. Aber weil die Sonne schien, es wieder warm und wir auf der „Zielgeraden“ waren, liessen wir uns nicht mehr stressen und fuhren die letzten 40 Min. gemütlich zum Hotel. Immer wieder wurden wir von sportlichen Rennradfahrern überholt. Einmal rief einer sogar „Grüäzi“. Da wurde mir klar, es muss hier am Wochenende der „Ironman Florida“ stattfinden. Mein Arbeitskollege Roger Kern hatte sich ja genau hier vor einem Jahr für den Wettkampf in Hawaii qualifiziert. Diesmal ist er aber nicht dabei und bereitet sich schon auf den Wettkampf in Hawaii vor. Wir müssen dann nach dem morgigen Ruhetag am Samstagmorgen einfach schauen, wie wir trotz für den Wettkampf abgesperrter Strassen wieder gut von hier wegkommen. Aber zuerst ist jetzt mal Pause!

Hier ist Auftanken angesagt. Sollte wohl klappen .-)

Hier ist Auftanken angesagt. Sollte wohl klappen 🙂

Ich weiss, ein weiteer kitschiger Sonnenuntergang. Schön finde ich es trotzdem.

Ich weiss, ein weiterer kitschiger Sonnenuntergang. Schön finde ich es trotzdem.

Übrigens: Weil wir heute trotz „kühlem Start“ wieder einen so guten gemeinsamen Rhythmus gefunden haben, haben uns die Amis doch tatsächlich die von mir „verpennte“ Stunde geschenkt! Ohne es zu bemerken sind wir in der „Central-Standard-Time-Zone“ angekommen und können so die Uhren um eine Stunde zurückstellen. (Aber nur bis Sonntag, dann endet auch hier die „Tageslichtsparzeit“ wie die Sommerzeit hier genannt wird.)
Übernachtung: Beachcomber by the Sea, Panama City Beach

Tag 16: (29.10.14) Panacea/Ochlockonee Bay – Port St. Joe

Distanz: 105 km / Gesamt: 1334.65 km / Fahrzeit: 5 Std. 27 Min. / Durchschnitt 19.2 km/h

neblig, ganzer Tag bedeckt, feucht, morgens 24 nachmittags 27 Grad, kaum Wind
GPS – Track

A hard day

Die vergangen Nacht im doch kleinen Zelt war unruhig und der Schlaf bei weiten nicht so erholsam, wie man sich das nach einer anstrengenden Etappe wünscht. Wir übten uns heute Nacht also im „synchron-schlafseiten-wechseln“ und der Disziplin „nicht von der Schlafmatte rutschen“. Ich muss gestehen, wir waren nicht wirklich erfolgreich. Seit mehr als 26 Jahren schlafen wir auf Campingplätzen grundsätzlich in Campingbussen oder Wohnmobilen und wir können euch auch erklären warum: Es schläft sich dort 1000 mal besser als in einem kleinen Zelt auf einer zu schmalen Matte!
Da ich aber auf dem Fahrrad keinen Wohnwagen hinter mir herziehen kann und ich damit gerechnet habe, auf der Reise ab und zu mal auf einem Campingplatz übernachten zu müssen, habe ich mir ein kleines, leichtes „2-er Zelt“ gekauft. Grundsätzlich nicht schlecht und mit 1.7kg. auch nicht zu schwer, aber eben, ein Zelt und dazu ein kleines und damit werde ich nie richtig glücklich werden.

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Nebelmorgen am Campingplatz: Gemütlichkeit sieht anders aus:

Irgendwann zeigte dann die Uhr, dass es nun langsam Morgen. Trotz zu wenig Schlaf sehnt man sich in solchen Momenten den Morgen herbei! Wir krochen also aus dem Zelt, ab unter die Dusche und bereit machen für einen neuen Tag. Wieder lag dichter Nebel über uns und das Zelt und alles was draussen war, war in der Nacht durch die hohe Luftfeuchtigkeit richtig nass geworden. So gut es ging, haben wir versucht die Sachen abzutrocknen und sauber einzupacken. Um 9 Uhr noch immer dichter Nebel. Wie in den letzten Tagen also noch zu gefährlich um loszufahren. So haben wir eine gute Stunde bei einer Tankstelle auf der anderen Strassenseite gewartet, etwas gegessen, mit einem Einheimischen geplaudert und etwas getrunken.

Unsere "Startrampe" heute morgen: Brücke über die "Ochlockonee Bay"

Unsere „Startrampe“ heute morgen: Brücke über die „Ochlockonee Bay“

Als sich der Nebel endlich soweit lichtete, das wir losfahren konnten, war es bereits wieder 10 Uhr und heute waren ja nochmals 105 km auf dem Programm. Also wieder, hohe Kadenz und Windschattenfahren. Heute lief das weniger flüssig als gestern. Den anstrengenden Tag mit den vielen Kilometern und der Hitze sowie die schlechte Nachtruhe hinterliessen in unseren Muskeln ihre Spuren. Zum ersten mal auf der Reise hatten wir am Morgen richtig „schwere“ Beine. Trotzdem versuchten wir so gut es ging möglichst 20 – 25 km zu Fahren, eine kurze Trink- und Essenspause einzulegen, die Muskeln zu dehnen und weiter zu fahren.
Bald schon kamen wir, nach einigen Tagen im Landesinneren, wieder an die Küste. Diesmal an die „Gulf Coast“. Das ist einer dieser Orte wo Hurrikan’s regelmässig auf Land treffen und oft viel Wasser und Wind mit sich bringen. Das schlägt sich auch in der Bauart der Häuser hier nieder. Wer am Wasser baut, verzichtet schon mal auf Keller und Erdgeschoss, da man diese sonst nur alle Jahre wieder auspumpen und reinigen müsste. Man verwendet hier eine jahrtausende alte Baumethode, die schon die Pfahlbauer am Bodensee entwickelten.

 

Pfahlbauern auf amerikanisch.

Pfahlbauer auf amerikanisch.

 

Eine weiter Variante.

Eine weiter Variante. Hübsch oder?

Ihr seht, es gibt also auch einige Sachen, welche die Amis vom alten Europa gelernt haben.
Die Fahrt heute eher unspektakulär. Oft fuhren wir der Küste entlang, oder in Waldschneisen, wie gehabt.

Fast ein bischen Bodensee?

Fast ein bisschen Bodensee?

An der Apalachiacola Bay

An der Apalachiacola Bay

Wie gesagt, die Beine waren heute schwer und wir waren froh das es heute zum ersten Mal auf der Reise fast den ganzen Tag bedeckt war. Die Temperatur war mit 27 Grad schon hoch genug, die Luftfeuchtigkeit hatte schon bald das Nivau „Sauna mit zu vielen Aufgüssen“ erreicht. Da hätte uns eine herunterbrennende Sonne wohl den Rest gegeben. Aber wie gesagt, es blieb bedeckt und auf der ca. 9 km langen Brücke über die „East Bay“ vor Apalachicola begann es dann auch noch zu Regnen. Abkühlung wie bestellt!

 

Wieder mal auflangen Brücken.

Wieder mal auf langen Brücken (… und die Oberschenkel brennen).

Apalachicola entpuppte sich im Zentrum als schmucker kleiner Ort mit schönen alten Häusern. Der Ort war gerade dabei sich besonders festlich zu schmücken, denn am kommenden Wochenende findet hier das bedeutendste „Seafood Festival“ in Florida statt. Tja, so lange können wir leider nicht bleiben und ihr müsst die Fische, Krebse, Muscheln und was hier in der Gegend noch so aus dem Meer gefangen wird halt selber essen.

Schnucke Häuser

Schmucke Häuser

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Die Frau von der örtlichen Post wollte unbedingt ein Foto von uns machen:  Hier ist es!

Die Frau von der örtlichen Post wollte unbedingt ein Foto von uns machen:
Hier ist es!

Apropos Essen: Heute haben wir uns hier einmal ein richtig gediegenes „Spätmittagessen“ im „Eulenkaffee“ gegönnt. Nicht zu vergleichen mit den immer gleichen geschmacklosen Sandwiches von der Tankstelle. Nein, heute wurde weiss gedeckt, die Stoffserviette hervorgeholt und feine Pasta serviert.

Vor der Paste natürlich einen gesunden Salat.

So sieht eine gediegene Radlerpause aus.

Wir hatten das nötig und wohl auch verdient, damit wir die verbleibenden 35 km noch gut über die Runden brachten. Nun haben wir s geschafft, sind wieder auf Kurs und werden Morgen mit knapp 80 km wieder einen ruhigeren Tag haben. Und übermorgen? RUHETAG! Wir freuen uns darauf.

Macht übrigens Spass! Mit dem Liegerad auf dem Hotelflur zum Zimmer fahren :-)

Macht übrigens Spass!
Mit dem Liegerad auf dem Hotelflur zum Zimmer fahren 🙂

Fazit: It was a hard day!

Übernachtung: Mainstay Suites, Port St. Joe

Tag 15: (28.10.14) Perry – Panacea /Ochlockonee Bay

Distanz: 137.8 km / Gesamt: 1229.65 km / Fahrzeit: 6 Std. 54 Min. / Durchschnitt 20.0 km/h :-))

sonnig, morgens 18 nachmittags 30 Grad, kaum Wind, GPS-Track inkl. Umweg!

Extra-MILES4KOKOU

Heute sind wir früh aufgestanden, denn gemäss Routenplanung stand uns heute eine Etappe von 105 km. bevor. Im Wissen das die Kilometer, die wir nach 13.00 Uhr abspulen, wegen der Hitze jeweils fast doppelt so anstrengend sind, wollten wir früh losfahren. Aber auch heute wieder NEBEL! Schlicht zu gefährlich bei diesen Bedingungen zu starten. Das wir gut gesehen werden ist für uns überlebenswichtig! Also haben wir aus der Not eine Tugend gemacht und uns nochmals für eine Stunde ins Bett gelegt. Energie auftanken kann ja nicht schaden. Um halb zehn schafft es die Sonne, den Nebel langsam zu „verbrennen“ und die Sicht ist so gut, dass wir starten können.

Der Wasserturm von Perry taucht aus dem Nebel auf. Zeit um loszufahren.

Der Wasserturm von Perry taucht aus dem Nebel auf. Zeit um loszufahren.

Routenwahl? Kein Problem, immer gerade aus! So sind wir aus Perry raus gefahren und nach etwa drei Kilometer kam mir noch der Gedanke, ob wir wohl auf der richtigen Strasse sind? Gedanken kommen und gehen. So auch dieser. Was soll an der Strasse schon falsch sein. Wir radelten unbekümmert weiter und schlugen ein gutes Tempo an. Der „A-Train“ (Artho – Zug) war in voller Fahrt. Im morgendlichen Übermut ständig 23 – 24 km auf dem Tacho, da kommt Freude auf.

The "A-Train"

The „A-Train“

Nach etwa 30 km legten wir einen ersten Verpflegungsstop ein. Trinken, was kleines Essen, Muskeln dehnen. Das übliche Programm. Spasseshalber frage ich Barbara, „soll ich mal auf dem Handy überprüfen, ob wir überhaupt auf der richtigen Strasse fahren?“ Nehme mein Handy hervor und: Schock! Wir fahren seit dem Start in Perry auf der Strasse nach Tallahassee, also zu weit nördlich. Genau in diese Gegend wollte ich nicht!

Nein, es darf doch nicht wahr sein!

Nein, es darf doch nicht wahr sein!

Erstens sind dort die Strassen für Radler schlecht und zweitens entgeht uns ein toller Teil der „Gulf Coast“. Es dauerte einen Moment bis ich begriff, dass ich bereits ein zweites mal auf der Tour navigatorisch einen „Riesenbock“ geschossen hatte. Recht schnell war klar, zurück ist keine Alternative. Da sowohl für heute und auch Morgen Etappen über 100 km geplant waren, konnte dieser Umweg das ganze Konzept durcheinander bringen und uns allenfalls gar den geplanten Ruhetag in Panama City Beach zunichte machen.
In Sekundenbruchteilen durchlief ich das ganze „SARAH-Prinzip“ das Psychologen für die Bewältigung von unerwarteten Ereignissen als Grundmuster definiert haben und das wohl jeder in einen Firmenkurs zum Thema „Umgang mit Veränderungen“ in den letzten Jahren mal gehört, wenn das Management der Belegschaft mal wieder einen Kurswechsel schmackhaft machen wollte.
Die Buchstaben SARAH stehen ja bekanntlich für die 5 Phasen, wie wir Menschen mit unerwarteten Ereignissen umgehen. Das war heute bei mir exemplarisch der Fall:
S = surprise = Überraschung = genau so war es!
A = anger = Wut = ja das hatte ich, und nicht zu wenig
R = resistance = Wiederstand, nicht wahr haben wollen = das wollte ich, aber GPS war gnadenlos
A = acceptance = Akzeptieren = was blieb mir anderes übrig
H = hope = Hoffnung = Die kam mit einem neuen Routenvorschlag auf den (Handy-) Navi

Also, wenn wir noch etwa 15 km weiterfuhren, dann auf kleinen Nebenstrassen nach Süden abbogen, konnten wir wieder auf die ursprünglich geplante Route stossen. Es würde die heuteige Etappe um etwa 30 zusätzliche Kilometer verlängern. Da haben wir an die vielen „Miles4Kokou“ Sponsor_innen gedacht und wie dringend Elisabeth und Kokou auf jeden Beitrag angewiesen sind und die Entscheidung war klar. Wir radeln heute unseren „Supertag“ und machen diesen Umweg, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.
Es ging auf kleinen sehr ruhigen Nebenstrassen Richtung Süden. Viel Farmland, das aus dem Waldgebiet gerodet wurde.

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Auf Umwegen: Fast ein bisschen wie bei uns „über Land“.

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Autofreier Sonntag!!! 🙂 Wer weiss noch wie das war?

Zum Glück kaum Verkehr und Barbara rief einmal: „Wie an einem Autofreien Sonntag“. (Sorry, alle die nach den 70er geboren sind, haben diese tolle Erfahrung leider nicht mehr machen können. Da konnte man am Sonntag auf der Autobahn mit den Velos fahren!!! Wär doch mal wieder Zeit für so was, oder?) Genauso wie damals fühlten wir uns. Die Strasse für uns, die Sonne von oben und noch viele Meilen vor uns.

Endlich: Zurück auf der 98. Von Perry kamen wir, nach Newport wollten wir.

Endlich: Zurück auf der 98.
Von Perry kamen wir, nach Newport wollten wir.

Der Rest des Tages, unspektakulär. Da wir soviele km machten, wollten wir uns heute statt des geplanten Campingplatzes ein Motel gönnen. Doch das einzige im Ort war voll besetzt, also nochmals 7 km bis zum Fluss und um 18.30h fuhren wir kurz vor Sonnenuntergang endlich auf den Campingplatz.

Das haben sie heute ganz schön gemacht.

Das haben sie heute ganz schön gemacht.

 

Die Rezeption war schon geschlossen. Schnell Moskitospray eingesetzt, das Zelt aufgestellt und noch etwas aus unserem Vorrat gegessen. Anschliessen einen ersten Blogentwurf ins iPad getippt, abschicken klappt mangels Internetzugeng heute nicht mehr. Also deshalb für euch liebe Blogleser-innen:

Morgen zwei auf einen Streich: Gute Nacht!

Fazit: Im Zeitalter von GPS Handys dem inneren Kompass zu vertrauen ist zumindest auf einem Fahrrad unvernünftig! Für Elisabeth und Kokou ist aber jede Zusatzmeile etwas wert 🙂

Übertnachtung: Holiday Campground, Panacea

Tag 14: (27.10.14) Cross City – Perry

Distanz: 74.00 km / Gesamt: 1091.85 km / Fahrzeit: 3 Std. 33 Min. / Durchschnitt 20.8 km/h

sonnig, morgens 18 nachmittags 30 Grad, kaum Wind (GPS-Strecke)

Alte Zeiten

Heute lag wieder einmal Nebel über der Stadt, als wir uns langsam auf den Weg machen wollten.

Morgens um halb 9.

Morgens um halb 9.

Zum Glück hatten wir heute nur eine kürzere und flache Etappe vor uns, so dass wir mit der Abfahrt etwas warten konnten, bis sich der Nebel gelichtet hatte. Als wir so gemütlich die Räder startklar machten, kam ein Zimmernachbar und fragte wiedereinmal nach dem „woher und wohin“. Ich musste mich richtig konzentrieren ihn zu verstehen, denn in dieser Gegend wird die Aussprache, auch für geübte USA Reisende, langsam aber sicher schwierig zu verstehen. Als ich ihm sagte, wir seien unterwegs nach New Orleans entgegnete er: „Da müsst ihr zuerst einmal lernen, wie man das ausspricht. Das heisst nicht New Orleans sondern N’arlins“. Alles klar?
Die Fahrt begann verheissungsvoll auf einem separaten Fahrradtrail und als wir gerade  einen guten Rhythmus aufgenommen hatten, kam mitten im Nirgendwo das abrupte Ende. Bei der letzten Kreuzung kein Hinweis das wir nun in eine Sackgasse fahren würden.

Nicht wirklich motivierend am Morgen.

Nicht wirklich motivierend am Morgen.

Also Räder umgedreht und wieder einen Kilometer zurückgefahren. Von nun an ging es auf dem Seitenstreifen der Strasse 27 oder 19 oder 98 entlang. Es spielt keine Rollewelche Nr. man wählt, denn diese Strasse trägt alle drei Bezeichnungen gleichzeitig.

1 Strasse = 3 Bezeichnungen

1 Strasse = 3 Bezeichnungen

Die Fahrt war ziemlich ereignislos. Wie schon gestern fuhren wird durch eine grosse Waldschneise, in der Regel geradeaus, alle paar Kilometer mal eine kleine Richtungsänderung und das war’s denn auch schon. Nach gut 25 km sahen wir in Johnesboro eine kleine Ansammlung von Häusern im angrenzenden Wald verstreut, an der Strasse eine Tankstelle mit Shop.

Schmucke Kirche am Strassenrand

Schmucke Kirche am Strassenrand

Das war perfekt um die Getränke und Verpflegung aufzustocken. Auf dem Vorplatz trafen wir auf einen anderen Radfahrer. Er war mit einem Fahrrad mit Starrlauf und ohne Gangschaltung unterwegs, hatte auf dem Gepäckträger eine Kiste und am Rücken ein alter Rucksack mit Aluminiumgestell aus den 70er. Wir plauderten kurz zusammen und er erzählte, dass er von Alabama aus auf dem Weg nach Key West sei. Er arbeite dort im Winter jeweils auf Schiffen als Fischer oder auch in Bootswerkstätten. So pendelt er hin und her und fährt jeweils im Frühjahr mit dem Rad zurück nach Alabama zu seinem Sommerjob. Wir konnten nicht erfahren ob er dies aus purer Freude so machte oder aus finanziellen Überlegungen. Auf jeden Fall wirkte er sehr entspannt und mit sich und der Welt zufrieden. Ich habe ganz vergessen ihn um ein gemeinsames Foto zu bitten und schon war er weg. Ein Wanderarbeiter wie in alten Zeiten, der sich aufmacht, neue Arbeit zu suchen.

Da fährt er, auf der Suche nach Arbeit.

Da fährt er, auf der Suche nach Arbeit.

Wir fuhren weiter und kamen zügig voran. Nichts was uns ablenkte. Nichts als Wald links und rechts, Autos und Lastwagen die an uns vorbeirauschten und alle paar Minuten ein Holztransporter, die mit zum Teil abenteuerlich geladenen Holzstämmen an uns vorbei donnerten. In dieser Gegend hat die Forstwirtschaft eine grosse Bedeutung.

Laut, schnell und manchmal sehr nah!

Laut, schnell und manchmal sehr nah!

Wir warteten auf die nächste, in der Karte verzeichnete Ortschaft „Salem“. Dort wollten wir nochmals einen Halt einlegen und kühle Getränke nachladen. Doch nach dem Ortsschild sahen wir nicht mehr als verlassene Häuser und Motels. Offenbar hat dieser Ort in den letzten Jahren seine Existenzgrundlage verloren. Die Autos fahren heute oft weiter nördlich auf den schnelleren Autobahnen quer durch’s Land. Wer hier durchfährt sieht offenbar keinen Grund mehr anzuhalten. Die Autos sind in den letzten 30 Jahren immer besser und die Reichweite grösser geworden, warum also in Salem einen Stop einlegen?
Der Besitzer des Motels musste das wohl auch eines Tages einsehen. Als wir so durch das verlassene Motel streiften dachte ich mir, wie das wohl gewesen ist, als der Besitzer von hier fortging? Hat er die Zimmer damals überhaupt abgeschlossen? Es kam ja sowieso niemand mehr. Die Buchstaben mit denen früher ein besonderer Rabatt oder das Frühstück auf der „Stecktafel“ am Strassenrand angekündigt wurden, lagen nutzlos unter dem Vordach und langsam nahm die Natur diesen Platz wieder für sich ein.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

old times

old times

Hier einige Bilder des Motels welches seine guten Zeiten schon lange hinter sich hat.

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Ja vieles in dieser Gegend erinnert an längst vergangene Zeiten. Die alten Restaurants, sofern sie nicht zu den internationalen Fast Food Ketten gehören, die viele ärmlichen Häuser die oft etwas schief und mit Blechdächern bedeckt am Wegrand stehen, bis zu den Menschen, ihren Frisuren und der Kleidung. Hier im tiefen Süden der USA scheint die Zeit manchmal in den 70er stehen geblieben zu sein.

Perry, wo wir übernachten, ist ein regionales Zentrum in dem es wieder viele Geschäfte, Fast Food Restaurants, Motels etc gibt.

Perry: Willkommen im hier und jetzt.

Perry: Willkommen im hier und jetzt.

Die nächsten zwei Tage heisst es dann nochmals „Meilen machen“ um dann an der Golfküste in der Gegend von Port St. Joe wieder in dichter besiedeltes Gebiet zu kommen. Dann gibte es wieder mehr Übernachtungsmöglichkeiten um die Etappen flexibler gestalten zu können.

Fazit: Heute fuhren wir nicht nur fast ausschliesslich durch den Wald, sondern haben uns auch ein bisschen auf eine Zeitreise begeben.

Übernachtung: Days Inn, Perry

Tag 13: (26.10.14) Gainesville – Cross City

Distanz: 84.63 km / Gesamt: 1017.85 km / Fahrzeit: 4 Std. 39 Min. / Durchschnitt 18.1 km/h

sonnig, morgens kühl, 16 nachmittags 28 Grad, kaum Wind

Zum ersten Mal!

Heute haben wir viele „zum ersten Mal“ erlebt.
Zum ersten Mal sind wir heute bei Mc Donalds gewesen.
Zum ersten Mal haben wir unterwegs einen Reifenwechsel machen müssen.
Zum ersten Mal haben wir auf einer Fahrradtour die 1000 km Marke geknackt.

Bereits gestern auf dem Gainesville-Trail bemerkte ich, das bei meinem Vorderrad der Reifendruck nachgelassen hatte. Nicht weiter schlimm, das war schon mal in Miami Beach so und nach ein paar kräftigen Stössen mit der Pumpe hat der Reifen einige hundert Kilometer dicht gehalten. Aber heute Morgen war klar, die von uns in die Reifen eingefüllte grüne „Dichtungsflüssigkeit“ konnte diesmal den Luftverlust nicht mehr genügend unterbinden. Deshalb als Frühsport heute mal „plattenflicken“ im Hotelzimmer. Der Übeltäter war bald gefunden. Ein ganz fieses, dünnes aber sehr spitzes Drahtstück hatte sich durch den von der Firma „Schwalbe“ so hoch gelobten „unplattbaren“ Reifen gebohrt.

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Der Reifenkiller!

Dabei hatte er auch den Schlauch ziemlich grosszügig aufgeschnitten, so dass die Dichtungsmasse statt das Loch abzudichten, ausfloss. Ich war also schon am Morgen mit einer ziemlichen „Sauerei“ konfrontiert aber versuchte trotzdem den Schlauch am Leben zu erhalten, denn die Reise ist noch weit und Ersatzschläuche für meine Reifengrösse sind hier nicht einfach aufzutreiben.
@ Markus von „Fateba“: Ich hoffe du hast in der Zwischenzeit Nachschub bekommen, falls du mir welche rüberschicken musst 😉
Also Flicken drauf, aufgepumpt, Satteltaschen auf die Pferde und los.

startklar

startklar

Ja, ohne Frühstück. Wir waren in einem dieser lausigen Motels, die dir am Morgen nur einen abgestandenen Kaffee aus einer Thermoskanne anbieten. Also liessen wir es gleich bleiben und besorgen uns beim nächsten „Food Store“ etwas für den Start in den neuen Radlertag. In Gainesville ist mit der „Universityt of Florida“ eine der grössten UNI’s der USA zu Hause. Das UNI Gelände ist riesig, wie eine eigene Stadt. Da heute Sonntag nicht viel los war hatten wir eine ruhige Fahrt auf den „UNI-Strassen“. Kaum Autos unterwegs, nur die „University Police“ fuhr mit ihrem Streiffenwagen eine Runde. Ja, sogar eine eigene Polizei gibt es auf dem Gelände. Wir hatten richtig spekuliert und einen schönen, sonnigen Platz entdeckt, wo wir an diesem sonnigen, aber noch kühlen morgen unser Frühstück geniessen konnten.

Hätten wir gewusst, was gerade auf uns wartete, wir hätten zusätzlich noch mindestens einen „Snickers“ verdrückt. Kaum waren wir auf der Ausfallstrasse, ging es los: Hügel rauf und wieder runter, Hügel rauf und wieder runter, ….. und diesmal reden wir nicht von „Bodenwellen“ sondern von diesen kurzen, aber knackigen Anstiegen die lange genug sind, dass du mit dem Schwung der vorangegangenen Abfahrt die Gegensteigung max zu einem Drittel schaffst. Der Rest ist pure Kraftanstrengung. Dies ging einige Kilometer so weiter und als es langsam weniger Hügel wurden, leuchtete uns ein gelbes „M“ entgegen. Barbara begann hinter mir mit ihrer „Papageienhupe“ wie wild zu quicken. Das ist für mich ein sicheres Zeichen, dass ich anhalten muss, da es sich offenbar um ein Notfall handelt. „Fahren wir zum Mäc?“ rief sie von hinten und das machte die Sache nur noch ernster. Wer sie kennt weiss, dass sie nicht unbedingt auf diese Kette mit dem gelben „M“ steht, aber wenn das ihr Wunsch war, so musste sie schon ziemlich am „Anschlag“ sein. Also rechts raus, bei „M“ rein und mal kühle Kalorien reinschütten. Es gab wirklich gute  Frappes, es hatte einen sauberen „Bathroom“ (so nennt man die Toilette, auch wenn man dort nicht wirklich badet) und die Fahrräder konnten wir durch die Scheiben im Blick behalten. „A perfect place.“

Rettung beim grossen M

Rettung beim grossen M

Danach wurde es zum Glück immer flacher und wir kamen in einen guten Rhythmus. In Newberry, einem kleinen verschlafenen Nest, entdeckten wir dann auch das Spielzeug der „Jungs“ in dieser Gegend. Da es hier offensichtlich genügend Schlamm und Matsch gibt, bauen sie Fahrzeuge um genau auf diesem Untergrund „Rennen“ durchführen zu können. Dies offenbar bevorzugt am Wochenende, denn heute kamen uns viele solcher Monster auf Anhängern entgegen.

Newberry hat sich für Halloween herausgeputzt.

Newberry hat sich für Halloween herausgeputzt.

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„Spielzeug“ für grosse Jungs

Ansonsten viel geradeaus, auf Stassen die in breiten Schneisen schnurgerade durch Wälder führten. Leider war der frische Duft von Baumharz nur allzuoft vom Verwesungsgestank der vielen überfahrenen Tiere überdeckt.

Immer geradeaus!

Immer geradeaus!

Kilometer um Kilometer spulten wir ab. Meist nach 20 km legen wir einen Stop ein, trinken oder essen etwas und dehnen unsere Muskeln, damit wir für die nächste Etappe wieder fit sind.

Für Robyn: Ich habe heute extra für dich nochmals einen Vogel aufgenommen: Einen "Sommervogel",

Für Robyn: Ich habe heute extra für dich nochmals einen Vogel aufgenommen: Einen „Sommervogel“,

Bald mussten wir jedoch einen unplanmässigen Stop einlegen. Mein Reifenflick vom Morgen hatte nicht gehalten. Ein schwammiges Fahrgefühl machte sich bemerkbar und bei der Kontrolle war klar, der Schlauch muss gewechselt werden.

Dauerte noch 15 Min. Das kann noch verbessert werden!

Dauerte noch 15 Min. Das kann noch verbessert werden!

Nach 975 km bin ich zufrieden. Wenn dies die Kadenz der Reiffenpannen ist, so kann ich nicht klagen.
Bald nach dem Reifenwechsel galt die besondere Aufmerksamkeit dem Gesammtkilometerzähler und kurz nach Überquerung des Suwannee River war es soweit. Die ersten 1000 km der Tour waren vollendet!

1000 km geschafft!!!

1000 km geschafft!!!

 

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Willkommen in der Heimat der „Dixy Music“.

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Also anhalten, Erinnerungsfoto machen und ein bischen stolz sein, dass es bis jetzt so gut geklappt hat. Während wir so am Strassenrand stehen und uns freuen stopt ein Auto gleich neben uns und ein Mann um die 60 steigt aus. „Seit ihr Langstreckenfahrer“ will er wissen? „Ja“ antworten wir und dass wir uns gerade über den ersten 1000er freuen. Er hätte sich das gedacht, sagte er. Er sei vorhin an uns vorbeigefahren und da er auf der Internetplatform „Warmshowers“ Übernachtungsmöglichkeiten für Radfahrer anbiete, sei er umgekehrt und wollte nun wissen, ob wir für heute Nacht schon ein Schlafplatz hätten, sonst könnten wir gerne zu ihm kommen und ob wir „Warmsohwers“ kennen? Wir erklärtem ihm, dass wir selber Gastgeber bei „Warmshowers“ sind, für heute aber ein Motel gebucht haben. Wir plauderten noch eine Weile zusammen am Strassenrand und er fragte nach unserer Adresse, falls er es doch einmal noch schaffe in die Schweiz zu kommen. Wir gaben ihm unsere Visitenkarte, so kann er uns auf „Warmsohwers“ finden. Er verabschiedete sich und wünschte uns, wie schon so viele zuvor, eine sichere Reise. Wir finden es wirklich bemerkenswert, das er extra umgekehrt und zu uns zurückgefahren ist, nur um uns bei sich einen Schlafplatz anbieten zu können.

Die letzten 17 km verliefen problemlos und wir checkten im „Carriage Inn“. Da unsere Pferdchen im Zimmer keinen Platz fanden, stellte uns das nette Besitzerpaar die abschliessbare Wäscherei und den Werkraum zur Verfügung.
Nebenan gab’s dann in einem urigen „Dixi Dinner“ noch etwas zu essen und jetzt heisst es: Gute Nacht!

"Gute Nacht John Boy" (wer von euch kennt noch die "Waltons" aus der Fernsehserie der späten 60er?)

„Gute Nacht John Boy“ (wer von euch kennt noch die „Waltons“ aus der Fernsehserie der späten 60er?)

Fazit: heute keines

Wichtiger Hinweis:
Liebe Arbeitskollegen, da ihr morgen Montag ohne mich ans Oktoberfest geht wünsche ich euch schon mal „Prost“ und passt auf euch auf. Es ist wichtig in allen Lebenslagen immer das richtige „Mass“ zu finden 😉

Tag 12: (25.10.14) Silver Springs – Gainesville

Distanz: 78.95 km / Gesamt: 933.22 km / Fahrzeit: 4 Std. 52 Min. / Durchschnitt 16.2 km/h

sonnig, morgens kühl, 16 nachmittags 28 Grad, bereits am Vormittag zunehmende stärkerer Wind aus Norden, hat uns bis Hathrow zügig eingebremst (siehe Durchschnittsgeschwindigkeit)  GPS-Track

A green ride!

Da bei der gestrigen Hotelübernachtung kein Frühstück inbegriffen war, stärkten wir uns heute im „Denys“, einem in den ganzen USA weit verbreiteten „Family Restaurant“. Wer sich als Europäer denkt, ein Frühstück zu bestellen könne doch nicht so kompliziert sein, hat sich getäuscht. Was hier unter der Abteilung „Breakfast“ aufgelistet ist, ist schon erstaunlich. Steaks scheinen ein übliches Frühstück zu sein. Dazu natürlich Pancake’s, Omletts, Speck, Würstchen und Eier in allen möglichen und uns für uns oft auch etwas gewöhnungsbedürftigen Varianten. Wenn man sich dann mal für eine Frühstücksvariante entschieden hat und selbstbewusst darauf wartet das die Kellnerin die Bestellung aufnimmt, wird einem genau beim Bestellvorgang klar, das man die Ami’s noch immer nicht versteht. Die Frage der Kellnerin lautet nämlich: „Wie hätten sie die Eier den gerne gekocht?“ Was für eine Frage denkt sich der Europäer, auf dem Bild in der Speisekarte waren doch Spiegeleier abgebildet. Sagt jetzt einfach nicht „mirror eggs“, damit würdet ihr euch komplett unmöglich machen. Es stehen nämlich folgende Varianten zur Auswahl: „scrambled eggs“ kann man noch verstehen und sind Rühreier, „upside down“ bedeutet, das der Koch mit einem Spiegelei beginnt, das aber nach der halben Kochzeit in der Pfanne umdreht, also nur wenig bis kein flüssiges Eigelb mehr übrig bleibt das Ei dafür auf beiden Seiten von Eiweiss umhüllt ist. Dann gibt

Das Frühstück muss abgearbeitet werden!

Das Frühstück muss abgearbeitet werden!

es auch noch die Variante „sunny side up“, was unserem Spiegelei entspricht und wenn man „over easy“ bestellt, dann ist das wie ein Spiegelei, dass aber über dem Eigelb noch eine dünne Schicht Eiweiss hat. Das Eigelb dazwischen ist im Gegensatz zum „upside down“ noch flüssig. Alles klar? Wir wollten ja nur ein Frühstücksei bestellen.
Wenn man wie wir schon einige Tage in den USA unterwegs ist und sich auf die neuen Begebenheiten einlässt, kann man sich ein solche Frühstück durchaus schmecken lassen, vorausgesetzt, man hat an diesem Tag vor, durch gewisse sportliche Aktivitäten einige dieser Kalorien gleich wieder zu verbrennen. Wer das nicht vorhat und auf seine Figur achten will: Finger weg vom amerikanischen Breakfest!
Bei mir lag dann heute Morgen folgendes auf dem Teller: 2 Spiegeleier, zwei Stück Speck, 2 Würstchen, zwei in Butter gebratene, dicke Scheiben Toast die mit Traubenzucker bestreut waren und ein Topf Ahornsirup. Ich habe es gegessen, genossen und wieder abgestrampelt. Aber an abnehmen ist so aber sicher nicht zu denken 😦
Auch heute war unser Routenplan relativ einfach. Zuerst knapp 50 km genau Richtung Norden bis Hawthorne und dort links auf den „Hawthorne – Gainesville Trail“ einbiegen und die 26 km auf dem Trail geniessen.

Nach 870 km durch den "Orangensstaat" Florida konnten wir heute zum ertsen mal frisch gepressten Orangensaft genossen.

Nach 870 km durch den „Orangensstaat“ Florida konnten wir heute zum ersten mal frisch gepressten Orangensaft geniessen.

Bevor wir in den Trail abbogen, mussten wir uns zur Stärkung etwas zu Essen besorgen. Barbara wartete auf einem Parkplatz bei den Fahhrrädern, während ich mich auf im Tankstellenshop nebenan auf die Suche nach geeigneten Kalorien und Ballaststoffen machte. Als ich etwas später zum Parkplatz zurückkehrte, war Barbara schon im Gespräch mit einem Herrn, der ihr zum Abschied auch noch einen „Flyer“ seiner Kirche in die Hand drückte und sie herzlich zum nächsten Gottesdienst einlud. Marketing an jeder Ecke.

Robyn, du hast ja im Kommentar nach Vögeln gefragt. Diesen haben wir Heute nur für dich aufgenommen! Grüässli Götti und Gotti.

Robyn, du hast ja im Kommentar nach Vögeln gefragt. Diesen haben wir heute extra für dich aufgenommen! Grüässli Götti und Gotti.

Über den Trail nach Gainesville, der nur für Pferde, Fussgänger und Radfahrer geöffnet ist, habe ich schon im Vorfeld der Reise in verschiedenen Blog’s gelesen und freute mich auf diesen Abschnitt ganz besonders. 26 km ohne brummende Motoren die von hinten heranbrausen, nebeneinander fahren und plaudern, dazu durch einen „1000 Wunderwald“ mit Bäumen und Moorlandschaften wie aus einem Märchen radeln, was will man mehr. Wir haben diese Fahrt sehr genossen.

 

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Links und…

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rechts vom Trail. Fantastische Wasserlandschaft.

Fahrradfreude pur!

Fahrradfreude pur!

Bei jedem Stop bei dem wir diese wunderbare Landschaft, die sich uns auch noch im besten Licht präsentierte, bewunderten, bekamen wir auch Besuch von den Mücken. Also schnell den Mückenspray hervorgeholt, aufgetragen und festgestellt, dass die Mücken nicht wirklich verstanden haben, was auf der Spraydose versprochen wurde. Sie sollten uns in Ruhe lassen! Also sind die Stops bis auf die Foto und Filmaufnahmen eher kurz ausgefallen. Um euch aber einen Eindruck von diesem Trail zu geben, haben wir uns aber trotz Mückenattaken mit einem Lächeln in Pose gestellt! Wir hoffen ihr wisst das zu schätzen 🙂

Sieht doch trotz Mückenangriffen recht entspannt aus, oder?

Sieht doch trotz Mückenangriffen recht entspannt aus, oder?

Das war`s dann auch schon fast für heute. Zum Glück war der Pool im Motel nicht geschlossen, obwohl er wahrscheinlich auch eine gründliche Reinigung vertragen könnte. Also nur ein kurzes Schwimmen, Dehnen und dann im Zimmer unter die Dusche.

Fazit: Der Abschnitt von Hawthorne bis Gainesville war wirklich besonders schön. Grün und Natur pur. Wir haben die Fahrt genossen und konnten unterwegs Barbara’s „Halbzeit“ feieren. Sie hat nun schon über die Hälfte auf dem Weg nach New Orleans hinter sich gebracht. SUPER!
Wir freuen uns auf die Zweite.

An dieser Stelle mal ein Wort zu euren Kommentaren bzw. privaten Mails an uns: Ihr wisst gar nicht wieviel diese uns bedeuten und wie motivierend es für uns ist zu lesen, dass euch unsere Geschichten aus der „neuen Welt“ unterhalten, Spass machen, den Alltag versüssen etc. Da wir bereits viel Zeit ins Radeln, Fotografieren und Blogschreiben investieren, können wir die einzelnen Kommentare nicht auch noch verdanken oder speziell beantworten. Deshalb hier mal an euch alle: DANKE, es macht echt Freude zu sehen, dass es euch gefällt. Bis Morgen!
Übernachtung: Gainesville Lodge, Gainesville

 

 

 

 

Tag 11: (24.10.14) Orange City – Silver Springs

Distanz: 102.29 km / Gesamt: 854.26 / Fahrzeit: 5 Std. 39 Min. / Durchschnitt 18.0 km/h

sonnig, morgens kühl, 16, nachmittags 30 Grad, leichter Wind, wechselnde Richtung
gps – Track

Kein Bad heute 😦

Wir hatten für heute Abend ein Motel in Silver Springs reserviert. Das heisst also, etwa 100 km bis zum Motel mit dem kühlen Pool. Schon am Morgen freuen wir uns darauf.
Die Fahrt aus Orange City heraus war nicht ganz einfach, aber wir fanden eine schöne Route, die uns über verschiedene Quartierstrassen aus der Stadt hinaus führte.

Rolling hills, da wir der Puls am Morgen schon mal auf  Betriebstemparatur gebracht.

Rolling Hills, da wird der Puls am Morgen schon mal auf Betriebstemperatur gebracht.

Hier macht "morgenradeln" Spass.

So macht „morgenradeln“ Spass.

Es war noch etwas kühl und so kamen zum ersten mal auf der Tour die Windstopperjacken und langen Ärmel zum Einsatz. Weiter ging es auf einer Parallelstrasse zum Highway, auf der kaum Verkehr herrschte und auf der wir die Fahrt richtig geniessen konnten. Nach den letzten Tagen an denen wir oft mit starkem Verkehr zu kämpfen hatten, war dies die reinste Erhohlungstour. Nach gut 38 km. hatten wir die letzte Kreuzung für den heutigen Tag erreicht. Jetzt hiess es nur noch links abbiegen und 62 km Geradeaus auf dem Highway 40 und schon sind wir am Ziel.
Genau an dieser letzten Kreuzung sind wir auf eine kuriose Verkaufsbude gestossen. Ein Chaos in dem sich wohl nicht einmal das Genie zurechtfindet. Tausende Tontöpfe, Skulpturen, Metallfiguren, dazu wurde auch Honig, Früchte und Gemüse verkauft. Er blieb uns ein Rätsel, nach welchem Konzept der Inhaber diesen Laden führte, aber irgendwie hatte das Ganze schon etwas faszinierendes.

Kuriositäten am Strasenrand.

Kuriositäten am Strassenrand.

Auf dem Hyw 40 fuhren wir dann nach Westen. Zum ersten Mal auf der Tour fuhren wir einen längeren Abschnitt in die Himmelsrichtung, in der unsere Ziele New Orleans bzw. San Diego liegen.
Nach eine Mittagspause bei einem der vielen Seen entlang der Strasse passierten wir bald den „Juniper Springs State Park“.

Idyllischer Rast an einem der unzähligen Seen entlang der Strasse.

Idyllischer Rast an einem der unzähligen Seen entlang der Strasse.

Wir hatten also bereits um 14.00 Uhr knapp 70 km hinter uns und wollten uns ein erfrischendes Bad, die Temperaturen waren wieder auf über 30 Grad geklettert, gönnen. Also rechts abbiegen, beim Eingangshäuschen die 10 Dollar Eintrittsgeld bezahlen und runter zur „Swimmarea“ bei den Quellen. Beim Autoparkplatz dann die Tafel das ab hier auch Fahrräder verboten waren. Wir wollten aber die Räder mit dem ganzen Gepäck nicht beim Parkplatz, ausserhalb unserer „Überwachungszone“ stehen lassen. Im Gegensatz zu einem Auto können wir nämlich unsere Sachen nicht wirklich abschliessen. Wir stiegen also vom Rad und schoben es auf dem breiten Weg zu der Badestelle hinunter. Dort war kaum Betrieb und wir erspähten bereits einen tollen Platz, wo wir unsere Räder an einen Baum binden könnten und sie dort vom Badebereich gut im Blick hatten. Kein Mensch weit und breit, also wen könnte das schon stören?
Wir haben die Rechnung ohne die Parkaufsicht gemacht. Eine Dame kam auf uns zu und machte uns klar, dass wir keine Fahrräder in diesem Bereich bringen könnten. „Ja, das haben wir schon gesehen, aber wir haben halt alle unsere Wertsachen drauf und deshalb schieben wir die Räder hier und würden sie gerne dort drüben an den Baum binden. Wir werden auch sicher niemanden stören.“ Es nütze alles Argumentieren nichts, Regeln sind Regeln und sind dazu da, nach dem Buchstaben eingehalten zu werden. Wir haben Fahrräder und die gehören nicht hierher. Punkt.
Wir regten uns über diese engstirnige Interpretation der Regel „keine Fahrräder hinter diesem Punkt“ ziemlich auf. Doch was soll`s? Ich habe Barbara gesagt, das die Dame höchstwahrscheinlich in der Vergangenheit mal in der US Army gedient hat. Dort hat sie dann vor allem eines gelernt: Setze jeden Befehl um, egal wie sinnlos und blöd er auch ist. Hirn ausschalten und dann geht’s dir gut! Das wirkte nach.

Also drehten wir unsere Fahrräder um und schoben sie wieder auf den Parkplatz zurück, setzten uns drauf und fuhren zum Eingang zurück. Dort legte ich der Dame mein Eintrittsticket, dass sie mir vor 5 Min. verkauft hatte, wieder auch die Theke und sagte ihr, ich hätte gerne das Geld zurück. Wir könnten nicht baden, da wir die voll beladenen Räder nicht nach unten schieben dürften. Alles abladen und tragen war klar keine Option. „Yes, no bikes behind the parkin lot“ sagte sie in stoischer Ruhe und gab mir problemlos die 10 Dollar zurück.
Halb so schlimm, in 30 km waren wir im Motel mit POOL 🙂
Die heutige Etappe führte auch durch den „Ocala National Forest“ und wie es schien, sollten hier auch Bären unterwegs sein.

Ja wo sind sie denn?

Ja wo sind sie denn?

Bären in Florida? Wikipedia weiss dazu Genaueres. Auf jeden Fall tauchte tatsächlich etwa 200 Meter vor uns ein Bär aus dem Wald auf, schaut sich kurz um, keine Autos, nur weit entfernt zwei Radfahrer, so trottet die Bärenmutter gefolgt von zwei Jungtieren vor uns über die Strasse und verschwindet wieder im Wald. Ein wunderschöner Augenblick, zu kurz um ein Foto zu machen, aber lange genug um noch lange in Erinnerung zu bleiben.
Wir spulten die letzen Kilometer problemlos ab und konnten vor vier Uhr im Hotel einchecken.

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Genug Flüssigkeit ist ein Muss!

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Wir hassen diese „Gitterbrücken“. Darauf fährt es sich wie auf „Eiern“.

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Er lebt vom Verkauf von kühlem Bier und lebenden Fischködern. Das nenn ich mal „kundenorientiert“.

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Blick auf den St. Johns River.

Ab jetzt wieder das normale Ritual, absatteln, Pferdchen in den Stall stellen, kühles Bier und Wasser besorgen, Badehose anziehen und zum Motelpool gehen. Denn ein bisschen schwimmen und Dehnungsübungen im Pool haben sich als prima Regeneration bereits bewährt. Zwei Damen lagen in den Liegestühlen und versuchten ihre Sonnenbräune noch etwas zu intensivieren. Als wir den Poolbereich betraten und uns zum Schwimmen bereit machten, sagten sie zu uns, das wir den Pool nicht benutzen könnten. Die Angestellten hätten ein chemisches Reinigungsmittel in den Pool geschüttet und somit sei nun das Baden für die nächsten 24 Std. verboten. So ein Mist! Wir kochten nicht nur weil die Sonne noch ziemlich kräftig vom Himmel strahlte, nein es war heute bereits das zweite mal, das uns ein erfrischendes Bad kurz vor dem Eintauchen verwehrt wurde.

So sieht das verwehrte "Radlerparadies" nach 100 heissen Kilometern aus.

So sieht das verwehrte „Radlerparadies“ nach 100 heissen Kilometern aus.

Wir können euch sagen, dass wir das nicht wirklich lustig finden und hoffen, dass dies nun der negative Aussreisser in Sachen „Kundenfreundlichkeit“ war, die hier doch sonst doch immer so gross geschrieben wird. Wenn das so weitergeht, werde ich wohl nicht darum herumkommen mir einen amerikanischen Rechtsanwalt zu nehmen und eine exorbitante Schadenersatzklage wegen entgangener „Badefreuden“ anzustrengen. Sollte ich diese dann auch noch gewinnen, könnten wir ja wieder mal das Thema „frühzeitige Pensionierung“ genauer betrachten.

Fazit: Du sitzt erst im Bad, wenn dir das Wasser bis zum Hals steht!
(Radlerweisheit von F Fredy Artho Okt. 2014)

Übernachtung. Days Inn, Silver Springs / Ocala